Sie möchten wissen, ob Ihr Strompreis gerechtfertigt ist, oder ob es sich um reine Abzocke handelt? Und warum fallende Preise an den Strombörsen nur mit Verzögerung weitergeben werden?
Dann erkläre ich Ihnen hier, wie genau Sie das herausfinden.
„Trotz Preissturz an den Börsen: Strompreis wird teurer”
Schlagzeilen dieser Art gibt es immer wieder. Man könnte Strom auch durch Erdgas oder einen anderen an der Börse gehandelten Rohstoff ersetzen. Woran liegt es nun, wenn der Preis eines Gutes fällt und dennoch die Endverbraucher mehr dafür zahlen müssen? Spielt die viel diskutierte Merit-Order eine Rolle? Wie erkenne ich eigentlich, ob ein Preis gerechtfertigt ist, oder ob es sich tatsächlich um Abzocke handelt? Diese Fragen versuche ich an dem Beispiel von Strom zu erklären.
Grund Nummer 1 – Der Staat
Der erste Grund, warum der Strompreis für den Endverbraucher steigt, obwohl die Preise an der Börse dafür sinken, ist der Staat. Der Strompreis beinhaltet eine Reihe von Kosten, die mit dem eigentlichen, an der Börse gehandelten Strompreis, nichts zu tun haben. Erhöht der Staat die Kosten und die Strompreise an der Börse bleiben unverändert, so erhöht sich der Strompreis automatisch. Ähnlich wie bei den Preisen an der Tankstelle, die zu über 50 % aus Steuern bestehen.
Ich schlüssle die Kostenblöcke beim Strompreis in drei Teile auf:
Teil 1: Der Staat
- Mehrwertsteuer
- Stromsteuer
- Konzessionsabgabe
- KWKG-Umlage
- §19 StromNEV-Umlage
- Offshore-Netzumlage
- Entfallen zum 01.07.2022: Umlage für abschaltbare Lasten sowie die EEG-Umlage. Letztere ist nicht weg, sondern wird nun direkt über den Bundeshaushalt finanziert. Allein die EEG-Umlage zur Förderung von erneuerbaren Energien, war in vielen Jahren schon teurer als der an der Börse gehandelter Strompreis. Die Kosten im Teil 1 muss jeder Haushaltskunde tragen. Für Industriekunden gelten gewisse Vergünstigungen und Befreiungen.
Teil 2: Der Netzbetreiber
- Netzentgelte inkl. Messung,
- Messstellenbetrieb,
- Abrechnung
Der Netzbetreiber ist lokal vorgegeben und kann nicht selbst gewählt werden. Die Netzentgelte unterscheiden sich zwar von Netzbetreiber zu Netzbetreiber, sind jedoch stark durch den Staat reguliert. Es spielt auch keine Rolle welcher Stromlieferant in das Netz liefert, denn die Netzentgelte bleiben für jeden gleich. Mit dem zunehmenden Ausbau der erneuerbaren Energien und die damit benötigten Investitionen u. a. in Verteilnetzen und Speichermöglichkeiten, werden die Kosten für Netzentgelte, Umlagen und Abgaben in der Zukunft weiter steigen.
Teil 3: Vertrieb & Beschaffung
Hier wird es interessant, denn nur in diesem Teil findet der Wettbewerb statt. Dieser Teil beinhaltet nämlich die Kosten für den Stromeinkauf. Nach der BDEW Preistabelle, sehen wir uns das genauer an, denn dort kommen wir direkt zu dem zweiten Grund für Preissteigerungen.
Übersicht: BDEW-Preisbestandteile
Man kann deutlich erkennen, dass Beschaffung & Vertrieb über viele Jahre der kleinste Teil des Strompreises war. Um es noch transparenter zu machen, sollte man Beschaffung und Vertrieb noch einmal aufteilen. Denn der Börsenpreis für die Beschaffung gilt für alle gleichermaßen.
Das heißt; angenommen der günstigste Zeitpunkt der letzten zwei Jahre bei der Strombeschaffung lag bei 4Cent, so war kein Anbieter in der Lage unter 4Cent Strom zu beschaffen. Das würde den Kostenblock „Vertrieb“ transparenter gestalten, in dem man den günstigste Zeitpunkt einer theoretischen Strombeschaffung als eine Art Grenzkosten betrachtet.
Grund Nummer 2 – Vertrieb & Beschaffung
In diesem Segment gibt es Wettbewerb. Stromanbieter versorgen eine Vielzahl von Kunden. Das kann von einer einsamen Hütte mitten im Nirgendwo bis zu einem riesigen Industriekonzern alles sein. Die Versorger unterteilen ihre Kunden in verschiedene Kundengruppen, wie zum Beispiel, Haushalts-, Gewerbe- und Industriekunden.
Für die unterschiedlichen Kundengruppen gibt es auch unterschiedliche Einkaufsstrategien.
Industriekunden unterscheiden sich aufgrund der Abnahmemenge sowie der Verbrauchsstruktur von den „kleineren“ Kunden. Sie schließen in der Regel Verträge für mehrere Jahre ab und können ihre Einkaufsstrategie selbst wählen. Das sind Strategien wie zum Beispiel eine Tranchen-, Index-, Spotmarkt-, Indexbeschaffung oder ein eigenständiges Portfoliomanagement von Industriekunden.
Haushalte zählen zu den kleineren Abnehmern. Sie sind jedoch in der Summe ein großer Abnehmer von Strom. Haushalte haben in Summe die gleiche Verbrauchsstruktur (Lastprofil) und sind somit gut vorhersagbar. Für diese Kundengruppe kaufen die Stromversorger in der Regel 1-3 Jahre im Voraus ein. Das hat unter andrem den Grund, dass vor allem Grundversorger verpflichtet sind, Haushaltskunden zu beliefern. Dafür müssen sie auch für entsprechende Energiemengen sorgen.
Das geschieht zum Beispiel über Termingeschäfte an der europäischen Energiebörse EEX in Leipzig.
Im Einkauf liegt der Gewinn
Ob ein Preis günstig oder teuer ist, entscheidet die jeweilige Beschaffungsstrategie und die anschließende Strompreisentwicklung. Erst im Nachhinein lässt sich erkennen, ob eine Strategie gut oder schlecht war. Nehmen wir an, der Versorger kauft mit einem Vorlauf von 24 Monaten Strom für seine Kunden ein. Der Stromversorger beginnt im Januar 2021 für das Lieferjahr 2023 einzukaufen. Macht er das monatlich, kauft der Stromanbieter jeden Monat 1/24 seiner geplanten Absatzmenge in Tranchen ein.
Die Blaue Linie ist der Strompreis für das Lieferjahr 2023. Die orange Linie ist der durchschnittliche Strompreis, den der Versorger durch Einkauf in monatlichen Tranchen erzielt hat. Teilweise sehr deutlich erkennt man die Abweichung zwischen den zwei Preisen. Dieser Strompreis des Stromversorgers mit der 24 Monatsstrategie ist zeitweise wesentlich günstiger.
Auf dem Hochpunkt waren die EEX-Strompreise bei fast 1000 €/MWh. Das würde einem Kilowattstundenpreis von 1 Euro netto entsprechen. Eine unglaublich hohe Summe.
Durch eine längerfristige Beschaffungsstrategie lässt sich schon mal erklären, warum sich stark steigende Preise nicht sofort auf den Strompreis auswirken, denn:
- Stromanbieter, die lange im Voraus ihre Strommengen einkaufen, nutzen den Durchschnittskosteneffekt (Cost-Average-Effect). Steigt oder fällt der Strompreis kurzfristig stark an, hat dies erstmal kaum Auswirkungen auf den Absatzpreis.
- die Preise und die Strommenge für das aktuelle Lieferjahr sind schon fix eingekauft. Somit betreffen die Preissteigerungen an den Börsen erst das kommende Jahr. Sind die Preissteigerung in einen längerfristigen Aufwärtstrend übergegangen, kommt es nun darauf an, wie viele Strommengen der Stromversorger für sein Portfolio schon eingekauft hat.
Sind zum Beispiel 80 % der Mengen für das kommende Lieferjahr eingedeckt, können die höheren Preise nur noch einen kleinen Anteil der Gesamtmenge ausmachen. Der Durchschnittspreis des Energieversorgers ist dadurch weit unter dem Marktpreis und kann somit als günstiger Strompreis angesehen werden.
Hat der Anbieter allerdings eine Einkaufsstrategie, die kurzfristig ausgerichtet ist, so treffen ihn und seine Kunden die Preissteigerungen mehr. Nehmen wir an es sind nur 20 % bisher eingedeckt. Die Restlichen 80 % müssen zu den derzeitigen teuren Preisen eingekauft werden. Die Wettbewerbsfähigkeit des Versorgers ist nun gefährdet.
Auf die Strategie kommt es an
Stromanbieter mit einer langfristig ausgelegten Strategie, haben bei steigenden Preisen einen deutlichen Vorteil gegenüber Versorgern mit einer kurzfristigen Strategie.
Das war auch der Grund, warum während und nach dem Überfall auf die Ukraine die Grundversorger billiger waren als Versorger bei Vergleichsportalen wie Verivox oder Check24. Gleiches nur umgekehrt gilt natürlich, wenn die Strompreise fallen.
Viele Stromanbieter hören meist schon 2 – 4 Monate vor dem Lieferbeginn mit den Beschaffungen auf. Dementsprechend früher kaufen sie auch ihre Energie ein. In dem oben genannten Fall würde der Einkauf dann 26-28 Monate vor dem Lieferjahr beginnen. Der Grund dafür ist, dass meist Anpassungen der Umlagen, Abgaben sowie die Netzentgelte erst zum Jahresende bekannt gegeben werden. Erst dann kann der Versorger seinen endgültigen Preis für das nächste Jahr bekannt geben.
Der Vorteil der langfristigen Beschaffung
Langfristige Einkaufsstrategien profitieren von der Preisglättung über die Zeit. Diese schützt die Kunden vor der Volatilität der Strombörsen und somit werden die Preise nicht 1:1 an die Endkunden weitergegeben. Moderate Preiserhöhungen sind die Folge. Man könnte diese Strategie auch als konservativ bezeichnen, da hier keine Preisspekulationen stattfinden.
Der Nachteil
Gleichzeitig ist dies auch der Nachteil der konservativen Einkaufsstrategie. Durch den Einkauf in Tranchen von angenommen zwei Jahren vor Lieferbeginn, kommt es irgendwann zu dem Punkt, an dem der Strompreis des Versorgers über dem aktuellen Marktpreis an der Börse liegen wird.
„Achtung Abzocke“
Genau hier beginnen dann meistens die negativen Schlagzeilen über „Preisabzocke“. Schließlich reicht ein Blick auf den aktuellen Preis und jeder kann sehen, dass der Preis unter dem ist, was der konservative Versorger dem Kunden anbietet.
Hier sehen Sie eine 24-Monats-Strategie (stand Oktober 2023), die am 01.01.2022 beginnt und am 31.12.2023 enden wird.
Deutlich zu sehen ist, dass sich der einstige Vorteil der Strategie sich im Januar 2023 zum Nachteil umkehrt. Von einem einstigen großen Vorteil zu einem deutlichen Nachteil.
Jetzt ist wiederum die Wettbewerbsfähigkeit des Stromanbieters mit der langfristigen Strategie gefährdet. Dieser Sitzt nun auf Strommengen, die er „teurer“ eingekauft hat und an seine Kunden verkaufen muss.
Der Anbieter mit der kurzfristigen Einkaufsstrategie hat hier nun einen Vorteil, da er mit seiner kurzfristigen Einkaufspolitik näher am derzeitigen Marktpreis ist und günstigere Strompreise anbieten kann.
Er kauft mittelst Monats- oder Quartalsprodukten die Mengen ein oder lässt Teile in den Spotmarkt laufen.
Der Marketingvorteil
Der Anbieter kann nun gezielt Werbung machen und darauf hinweisen, dass er günstige Preise anbieten kann und der Kunde doch bitte vergleichen soll.
Diesen Marketing-Vorteil hat der Versorger mit der langfristigen Strategie nicht. Selbst in den Phasen, in denen die langfristige Strategie besser abschneidet als die kurzfristige, kann der Versorger nicht im Nachhinein die bereits eingekauften Mengen vervielfachen. Denn die Strommengen wurden nach einer Absatzplanung gezielt eingekauft. Zusätzliche Mengen muss der Versorger ebenfalls zum aktuellen Marktpreis einkaufen, genau wie jeder andere.
Meistens wird hier noch aufgefordert mit dem Grundversorgungstarif zu vergleichen, der von Haus aus teurer ist.
Was ist der Grundversorger überhaupt?
Der Grundversorger ist das Unternehmen, welches in einem Netzgebiet die meisten Haushaltskunden beliefert. Dies wird alle drei Jahre neu bestimmt. § 36 Energiewirtschaftsgesetz (EnWG). Die Grundversorgung kann mit einer Frist von 2 Wochen gekündigt werden. § 20 Stromgrundversorgungsverordnung (StromGVV). Der Grundversorger ist verpflichtet Haushaltskunden zu beliefern und für diesen Fall bietet er Grundversorgungstarife an.
Grundversorger = teuer?
Viele gehen davon aus, dass der lokale Grundversorger automatisch teuer sein muss. Der Grundversorger hat in der Regel jedoch immer auch günstigere Tarife mit einer Vertragslaufzeit, wie jeder andere Versorger auch. Also lohnt es sich, auch den eigenen Grundversorger nach einem Angebot für einen Tarif zu fragen.
Spotmarkt Tarife: Innovativ oder kalter Kaffee.
Spotmarkt Tarife gelten als innovativ und modern. Es wird damit geworben, dass man nur genau das bezahlt was der Strom aktuell kostet. Versorger haben bei dieser Art von Energiebeschaffung so gut wie kein Risiko haben. Weder tragen die Anbieter ein Preisrisiko, das sie absichern müssen, noch ein Mengenrisiko. Eine einfache, fast schon risikolose Sache für den Energieversorger mit der sich gutes Marketing machen lässt.
Das Dienstleistungsentgelt ist dann die Marge des Anbieters. Dem Kunden kann man diese Beschaffungsart auch sehr einfach verkaufen. Das häufigste Argument ist, dass durch den Zubau der erneuerbaren Energien die Preise am Spotmarkt, vor allem in den Peak Stunden, immer niedriger werden. Was hier einleuchtend klingt, ist was die Einflussfaktoren von Spot- und Terminmarkt angeht um einiges komplexer. Wie in diesem Artikel erklärt. Weiterhin wird mit der Kostentransparenz geworben und dass es keine Risikoaufschläge von Versorgern gibt. Das stimmt auch. Allerdings sind die Risiken jetzt nicht einfach verschwunden. Die Risiken trägt nur ein anderer, und zwar Sie als Kunde.
Die Kosten am Spotmarkt waren im Durchschnitt in den Jahren 2021 mehr als 250 % höher und 2022 mehr als 200 % höher, als hätte man sich auf dem Terminmarkt im Jahr vorher abgesichert. In den Jahren als der Spotmarkt niedriger gewesen wäre, hätte man niemals auch nur annähernd eine Ersparnis erzielen können, die das Risiko der reinen Spotbeschaffung gerechtfertigt hätte. Der Terminmarkt ist nichts anderes, als der erwartete Spotmarkt für das jeweilige Jahr. Es lässt sich erst nach Ablauf des Jahres feststellen was günstiger gewesen wäre.
Ich halte jedoch Spot-Tarife in manchen Situationen für Haushaltskunden durchaus für sehr Sinnvoll. Vor allem wenn man flexible Verbraucher hat wie z. B. ein E-Auto, eine PV-Anlage und vielleicht sogar noch Speichertechnologie. Mich stört nur die irreführende Werbung dafür.
Sondersituation Ukraine
Vor und während des Ukrainekriegs stiegen die Strom- und Gaspreise an den Energiebörsen massiv an. Die Ersten, die Probleme bekamen, waren die Stromanbieter mit kurzfristigen Strategien und auf einmal war sogar die teure Grundversorgung günstiger als die Tarife von sonst „billigen“ Anbietern.
Zusammenfassend lässt sich sagen:
- Bei steigenden Preisen -> Vorteil bei konservativen Stromanbieter mit langfristigen Strategien.
- Bei fallenden Preisen -> Anbieter auf Vergleichsportalen mit kurzfristigen Strategien.
Die beschriebenen langfristigen Strategien werden häufig für die Grundversorgung sowie für Standardtarife eingesetzt. Kurzfristige Strategien werden von Versorgern angeboten, die mit kurzfristigen Strategien Kunden gewinnen wollen und meistens auf den Vergleichsportalen Verivox oder Check24 zu finden sind.
Welche Rolle spielt die Merit-Order und der Spotmarkt?
In den Medien kam in den letzten Monaten immer wieder das Thema der Merit-Order auf. Die Merit-Order regelt die Preisbildung am kurzfristigen Markt, den sogenannten „Day-Ahead Markt“ (Spotmarkt). Diese Preisbildung erfolgt entlang der jeweiligen Grenzkosten der einzelnen Kraftwerke, die zur Deckung der benötigten Last gebraucht werden. Genauer beschrieben habe ich das in einem extra Artikel.
Es gibt Versorger die reine Spotmarkt-Strategien nutzen, um so nah wie möglich an den aktuellen Preisen für Strom zu sein. Das Problem ist, dass diese ungedeckte Short-Positionen einnehmen. Sie haben den Kunden etwas verkauft, was sie nicht noch nicht besitzen und erst kaufen müssen. Das kann eine ganze Weile gut gehen, wenn jedoch die Spotpreise am Spotmarkt längerfristig Ansteigen, dann kommen diese Versorger in finanzielle Probleme. Denn sie müssen den Storm zu egal welchem Preis kaufen, um ihren Lieferverpflichtungen nachzukommen.
Einige Versorger sind in der Vergangenheit durch diese Art von Strategien bankrott gegangen. Meiner Meinung kann man hierbei nicht einmal von einer Strategie sprechen. Genauer beschrieben habe ich die Spotmarktbeschaffung in diesem Artikel.
Die Mischung macht´s (Spot- und Terminmarkt)
Verbreiteter sind Mischformen aus Termin- und Spotmärkten. Es ist völlig normal, dass ein Teil der Mengen am Spotmarkt eingekauft wird. Das liegt unter anderem daran, dass man den genauen Stromverbrauch nicht exakt vorhersagen kann. Der Spotmarkt bietet die Flexibilität kurzfristig Mengen zu- oder abzuverkaufen.
Andere Strategien können sein, einen gewissen Teil, zum Beispiel 20 – 30% der gesamten Absatzposition in den Spotmarkt laufen zu lassen. Hierbei setzt der Versorger beim Zeitpunkt seiner Strombeschaffung darauf, dass die Preise zukünftig günstiger sind als zum Zeitpunkt seines Kaufs. Das Preisrisiko ist hier geringer, da der Versorger den Großteil der Menge schon gekauft hat.
Beispielsweise kauft er im Jahr 2023 für 2024 am Terminmarkt ein. Nun lässt er 20% der Menge offen, da er hofft, diese Menge im Jahr 2024 günstiger einzukaufen als 2023. Geht sein Plan auf, so hat er einen zusätzlichen Gewinn gemacht. Geht der Plan nicht auf, schmälert es seinen Gewinn. Der Versorger zahlt nun bei seinen Kunden drauf, da in Summe seine Einkaufspreise höher sind als seine Verkaufspreise.
Wie hoch ist der aktuelle Strompreis an der Börse?
Wer die aktuellen Strompreise für den Terminmarkt sehen will, kann auf der Seite der europäischen Energiebörse (EEX) in Leipzig nachsehen. Hierzu sind ein paar Schritte notwendig. Achtung es wird etwas holprig:
- https://www.eex.com/de/marktdaten/strom/futures
- Im Dropdown-Feld in dem „EEX Austrian Power Futures“ steht, klicken Sie drauf und scrollen zu „EEX German Power Futures“.
- Darunter sehen Sie Jahr, Quartal, Monat etc. Klicken Sie auf „Jahr“
- „Cal-24“ steht für den Future für das Jahr 2024. Cal-2025 für 2025, Cal-26 für 2026 usw.
- Ganz am Ende der Zeile ist ein Grafiksymbol und dort können Sie die Preise der letzten 45 Tage einsehen.
- Das Produkt Base ist die Grundlast und Peak steht für die Spitzenlast.
Ein Strompreis für einen Haushalt setzt sich zum Großteil aus Baseload zusammen. Deswegen zeige ich hier auch nur den Preis für Baseload in meinen Grafiken. Eine genauere Erklärung der Strompreiskalkulation und der Standardlastprofile gibt es hier.
Die Strompreise sind in €/MWh und wenn Sie diese in €/kWh umrechnen wollen, dividieren Sie den Preis einfach durch 1000. Leider ist die Historie an der EEX auf 45 Tage beschränkt. Ich veröffentliche aber regelmäßige Strompreise auf meiner Webseite und somit lässt sich hier besser vergleichen.
Dem Versorger bei den Strompreisen in die Karten schauen
Nehmen Sie Ihre Stromrechnung und ziehen Sie alle Kosten aus Teil 1 und Teil 2 von dem Arbeitspreis ab. Was übrig bleibt ist der Kostenblock Teil 3 „Vertrieb und Beschaffung“. Diesen können Sie dann mit den aktuellen Preisen der EEX vergleichen, um zu sehen, wie teuer oder günstig der Stromversorger im Vergleich zum aktuellen Marktpreis ist.
Arbeitspreis – staatliche Kosten (Teil 1) – Netzbetreiber Kosten (Teil 2) = Vertrieb Beschaffung (Teil 3)
Zum Abschluss
Wie in allen Branchen gibt es in der Energiebranche auch schwarze Schafe. Erst kürzlich wurde ich im Freundeskreis gebeten, mir eine Preissenkung des heimatlichen Energieversorgers genauer anzusehen.
Trotz der Preissenkung war dieser Preis völlig überzogen und mit keiner Strategie zu rechtfertigen. Ich habe selbst Jahre lang Handelsstrategien entwickelt und dadurch ein gutes Verständnis, ob ein Preis fair ist oder es sich um Abzocke handelt. Man sollte also immer Preise zwischen den Anbietern vergleichen und diese im Kontext der historischen Preisentwicklung der Energiepreise sehen. Jeder Anbieter kann mal goldrichtig liegen mit der Strategie oder völlig falsch. Keiner weiß, wie sich die Preise in der Zukunft entwickeln.
Ich möchte noch hinzufügen, dass es Unterschiede zwischen den Stromanbietern gibt, auf die man ebenfalls achten kann. Es gibt reine Stromversorger und es gibt sogenannte „integrierte Versorgungsunternehmen“, wie zum Beispiel etliche Stadtwerke. Diese bieten neben Strom auch Erdgas, Fernwärme, Nahverkehr, Stadtbäder, E-Mobilität, Events und Dienstleistungen an. Viele subventionieren aus ihren Gewinnen die lokalen Gemeinden oder Städte.
Vor allem lokale Energieversorger investieren viel in die Region und das kann beim Strompreisvergleich berücksichtigen werden. In der Regel sind die regionalen Versorger auch ein zuverlässiger Partner.
Vernünftige Preise sollten sie dennoch haben. Für wen das keine Rolle spielt und nur der Strompreis zählt, der kann sich jedes Jahr gerne auf den Vergleichsportalen umsehen. Man braucht sich auch keine Sorgen machen, im Dunklen zu stehen, falls ein Versorger Pleite geht. Denn der Grundversorger ist verpflichtet, jeden Haushaltskunden mit Strom zu versorgen.