Stichtags- oder Festpreisbeschaffung Strom

Stichtagsbeschaffung Strom – der Klassiker unter den Beschaffungsmodellen einfach erklärt

Diese Art der Energiebeschaffung ist die einfachste von allen und der Klassiker unter den Strombeschaffungsmodellen. Sie wird auch Fixpreisbeschaffung oder Festpreisbeschaffung genannt.

Häufig wird dieses Beschaffungsmodell kleinen und mittleren Unternehmen von Versorgern angeboten. Sehen wir uns hier genauer an.

Informationen über weitere Beschaffungsmodelle wie Indexbeschaffung, Spotmarktbeschaffung, Portfoliomanagement und Tranchenbeschaffung finden Sie in den jeweils verlinkten Artikeln.

Was ist eine Stichtagsbeschaffung?

Wie der Name vermuten lässt, wird zu einem bestimmten „Stichtag“ der gesamte Energiebedarf zum derzeitigen Marktpreis für den gewünschten Zeitraum (z. B. für ein Jahr in der Zukunft) beschafft. Üblicherweise werden 1-3 Jahre ausgeschrieben. Nehmen wir an, im Januar 2023 schreiben Sie Ihre gesamte prognostizierte Absatzmenge für das Lieferjahr 2024 zur Energiebeschaffung aus.

Der Energiepreis orientiert sich dann an dem aktuellen Börsenpreis für Strom zuzüglich des Aufschlags des Versorgers.

Back-to-Back Beschaffung

Meistens wickeln die Versorger ihre Geschäfte „Back-to-Back“ ab. Das heißt, dass der Versorger nach Abschluss des Vertrages mit dem Unternehmen die benötigte Energie beschafft. Der Einkauf wird durch den Versorger mit einem Termingeschäft abgesichert.

Bei Vertragsabschluss hat der Versorger also eine sogenannte Short-Position (Verkauf der Energie an das Unternehmen) und schließt diese Position im Anschluss durch den Einkauf (Long Position) der Energie am Großhandelsmarkt. Der Verkauf der Energie an den Kunden ist somit abgesichert (hedged) und er vermeidet damit das Preisänderungsrisiko.

Bei dieser Beschaffungsform wird oft kritisiert, dass die Aufschläge der Versorger nicht transparent seien. Diese Transparenz kann sehr schnell durch eine Formel geschaffen werden. Der Versorger trägt bei der Stichtagsbeschaffung einige Risiken, wie beispielsweise Marktpreisrisiko, Kontrahentenrisiko, Mengenabweichungen, Prognoseabweichungen, Ausfallrisiko.

Licht und Schatten der Stichtagsbeschaffung

Eine Stichtagsbeschaffung zum „falschen Zeitpunkt“ zum Beispiel an einem Preishochpunkt am Markt, kann die Wettbewerbsfähigkeit und die Rentabilität des Unternehmens teilweise massiv negativ beeinflussen.

Ebenso kann jedoch eine Stichtagsbeschaffung zum „richtigen Zeitpunkt“ an einem Preistiefpunkt am Markt ein Jackpot für Wettbewerbsfähigkeit und Rentabilität sein.

Strategie Stichtagsbeschaffung

Einfach und verständlich

Ein großer Vorteil dieser Beschaffungsart ist die Planbarkeit und der geringe administrative und personelle Aufwand.

Für Sie als Unternehmer steht der Preis für den Lieferzeitraum fest und Sie können ordentlich für die Zukunft kalkulieren. Netzentgelte, Steuern, Umlagen und Abgaben können sich allerdings weiterhin jedes Jahr ändern wie bei jeder sonstigen Vertragsart auch.

Wenn man schläft, kann es ein böses Erwachen geben

In der Regel wird oft der Fehler gemacht, dass die Unternehmer sich nach Abschluss des Vertrages nicht mehr mit der Strompreisentwicklung beschäftigen. Dies kann zu einem „bösen Erwachen“ führen. Vor allem, wenn zum Ende der Vertragslaufzeit die nächste Strom- oder Gasausschreibung stattfinden soll und die Preise in der Zeit massiv gestiegen sind. Sie haben dann kaum mehr eine Handlungsmöglichkeit auf andere Vertragsmodelle wie eine Index- oder Tranchenbeschaffung zu wechseln.

Damit diese Strategien ihre Vorteile entfalten können, braucht es eine längere Einkaufsphase. Aber nicht nur über gestiegene Preise könnten Sie sich ärgern, sondern auch über verpasste Gelegenheiten. Vielleicht war der Energiepreis auf einem attraktiven Preisniveau und Sie hätten sich schon vorzeitig für die nächsten Jahre die Preise sichern können.

Bleiben Sie in Kontakt mit Ihren Energie-Experten

Eine zwischenzeitliche Marktbeobachtung und ein Anruf bei Ihrem Versorger oder Berater sollte daher einmal im Quartal auf ihrer To-do-Liste stehen.

Achten Sie auf die Flexibilität

In der Regel wird eine vertraglich vereinbare Absatzmenge zu 100 % eingekauft und nur ein geringer Mehr- oder Minderverbrauch wird vom Energielieferanten toleriert (Take or Pay). Gerade nach den Energiepreisexplosionen fordern viele Versorger nun eine Take or Pay Vereinbarung von ihren Kunden.

Produktions- bzw. Verbrauchsänderungen können problematisch werden.

Angenommen sie haben einen Festpreisvertrag mit einer Mengenflexibilität von 10 %.

Sie haben nun eine Flexibilität von 90 % bis 110 %. Sollten Sie nun mehr als 110 % Ihrer vereinbarten Menge verbrauchen, da Sie zum Beispiel Ihre Produktion erweitert haben, müssen Sie die Fehlmenge, bei Ihrem Versorger nachkaufen. Hierbei sind Sie dann wieder dem Marktpreisrisiko ausgesetzt. Ebenso müssen Sie unter Umständen eine „Entsorgungsgebühr“ zahlen, falls Sie weniger als 90 % der vereinbarten Menge verbrauchen.

Durch Kurzarbeit, wirtschaftliche- oder andere Gegebenheiten, kann Ihr Verbrauch leicht mal unter diese Grenze fallen. Gerade, wenn Sie ein produzierendes Gewerbe haben. Auch Energieeffizienzmaßnahmen können dazu führen, dass sich Ihr Verbrauch reduziert und Sie am Ende für eine Nichtabnahme der Energiemenge zahlen müssen.

Bei anderen Vertragsarten wie zum Beispiel Tranchenverträge, können Sie Mengen und Verbrauchsänderungen aktiver steuern und auf die Markt- und Wirtschaftsveränderungen besser reagieren. Sie kaufen einfach mehr oder weniger Energiemenge bei Ihrem Versorger ein.

Ablaufdiagramm Stichtagsbeschaffung Strom

Wann ist eine Stichtagsbeschaffung sinnvoll?

Eine Fixpreisbeschaffung kann in Zeiten von äußerst niedrigen Preisen oder in Zeiten eines Bullenmarktes, also von stetig steigenden Preisen, sinnvoll sein. Weiterhin macht es Sinn, wenn das derzeitige Preisniveau für das Unternehmen akzeptabel ist und das Unternehmen das Risiko weiter steigender Preise höher gewichtet als die Chance von fallenden Preisen.

Sind sie ein Dienstleistungsunternehmen, werden Ihnen Take-or-Pay-Klauseln auch nicht viel ausmachen, da Ihr Verbrauch stabil und gleichmäßig ist. Bei dieser Art der Energiebeschaffung setzen Sie allerdings alles auf eine Karte und Sie sind abhängig von der derzeitigen Marktphase und dem Marktpreis. Das Market-Timing ist bei der Stichtagsbeschaffung ausschlaggebend.

Je weniger die Energiekosten eine Rolle bei Ihrem Unternehmenserfolg spielen, umso mehr kann eine Stichtagsbeschaffung in Frage kommen.

Vorteile Stichtagbeschaffung

  • Gut planbar
  • Einfach und mit geringem Personalaufwand umzusetzen
  • Preis- und Budgetsicherheit, da der Energiepreis für die Zukunft feststeht
  • In Phasen von niedrigen Preisen oder in Bullenmärkten vorteilhaft gegenüber allen anderen Strategien

Nachteile Stichtagsbeschaffung

  • Marktpreisrisiko (alles auf eine Karte setzen, keine Risikodiversifikation)
  • Market-Timing (ein großes Augenmerk muss auf den Zeitpunkt des Einkaufs gelegt werden)
  • Keine Flexibilität und keine Möglichkeit, von Marktbewegungen zu profitieren
  • Spekulative Strategie
  • Kostenintransparenz
  • Kein energiewirtschafliches Know-how wird aufgebaut

Welches Beschaffungsmodell passt zu Ihrer Firma am besten, um Ihre Energiekosten zu optimieren?

Lassen Sie es uns gerne gemeinsam in einem gratis Strategiegespräch herausfinden. Denn eine ungeeignete Beschaffungsstrategie kann Sie leider viel Geld kosten.

Ich bin seit über 23 Jahren in der Energiewirtschaft tätig und finde für Sie genau das Modell, das Sie bei einem effizienten Energieeinkauf unterstützt.

Hier können Sie sich gerne melden, um das kostenlose Strategiegespräch zu vereinbaren.

Ich freue mich darauf, Sie und Ihr Unternehmen kennenzulernen.

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