Thorium, Flüssigsalze, geschmolzenes Metall? Die „Gen-IV“ Kernkraftwerke
In dieser Folge geht es um fortgeschrittene Nukleartechnologie. Es geht um die sogenannten Generation 4 (Gen IV-Reaktoren) Kernkraftwerke, die nicht mehr auf Wasser als Kühlmittel bzw. als sogenannten „Moderator“ setzen. In herkömmlichen Kernkraftwerken gibt es hauptsächlich drei verschiedene Typen von Moderatoren:
- Leichtes Wasser (H2O): verwendet bei Leichtwasserreaktoren, welche am weitesten verbreitet sind.
- Schweres Wasser (D2O): das hauptsächlich in Kanada verwendet wird. Diese können Natururan als Brennstoff verwenden und brauchen somit keine Urananreicherung.
- Graphit: das hauptsächlich bei russischen Reaktoren verwendet wird wie z. B. bei dem in Tschernobyl
In anderen Folgen wurde bereits auf die Herausforderungen eingegangen, welche unter Druck stehendes Wasser mit sich bringt. Eine Lösung dafür sind zum Beispiel sogenannte flüssige Salze oder flüssiges Metall (Natrium). Diese sind nicht nur sicherer im Betrieb und vermeiden komplett das Risiko einer Kernschmelze, der radioaktive Abfall ist auch wesentlich harmloser.
Der Brennstoff befindet hier nicht mehr in Brennstäben, sondern liegt bereits in flüssiger Form vor. Die passiven Sicherheitssysteme arbeiten mit physikalischen Prinzipien wie der Schwerkraft und natürlicher Konvektion, also der Wärmetransport durch Bewegung.
Gen-IV Reaktoren können mit einen breiteres Brennstoffspektrum betrieben werden wie zum Beispiel Thorium. Die Betriebstemperaturen sind deutlich höher und dabei sind die Reaktoren viel kleiner. Der Brennstoff wird effizienter genutzt und manche können sogar nuklearen Abfall als Brennstoff nutzen.
Alte Technologie neu entdeckt
Das klingt alles nach Zukunftstechnologie? Fakt ist, diese Technologien gibt es schon seit Jahrzehnten, sie wurden nur nicht angewendet. Außerdem gibt es Möglichkeiten radioaktiven Abfall aus Kernkraftwerken zu recyceln, allerdings geschieht das nur in einem kleinen Umfang.
Nixon hört sich selbst ab
Erik erzählt hier von dem innovativen „Oak Ridge National Laboratory“ in Oak Ridge, Tennessee und von Alvin Weinberg, den man als Vorreiter der Gen-IV Reaktoren sehen kann. Richard Nixon der damalige US-Präsident war jedoch daran interessiert, dass Forschungsgelder in eine eher weniger versprechende Einrichtung in Kalifornien flossen. Kalifornien war der Staat in dem Nixon zuvor Gouverneur war. Es gibt ein aufgezeichnetes Telefongespräch mit Nixon welches diesen Fakt ans Tageslicht bringt. Ein Fakt, welcher mir persönlich nicht bekannt war und die Weiterentwicklung der Kernkraft entschieden gehemmt hat.
Bisher nur Zukunftsmusik
Trotz aller Euphorie, die jetzt eventuell aufkommen könnte, keine dieser Gen-IV Technologien sind bereits in kommerzieller Anwendung. Jedoch gibt zahlreiche Versuchsprojekte von verschiedenen Ländern. China ist hier, wie man so hört, bisher am weitesten bei der Entwicklung dieser neuartigen Kernreaktoren. Einige prominente Milliardäre, wie Bill Gates investieren ebenfalls in solche Projekte.
Eine spannende Folge und wer noch nie von Gen-IV Reaktoren gehört hat, für den gehört diese Folge mit Sicherheit zu den interessantesten.
In Absprache mit Erik Townsend habe ich die Transkripte der 8-teiligen-Serie auf deutsch übersetzt. Diese Transkripte finden Sie bei mir oder unter: https://www.energytransitioncrisis.org/transcripts
Unter dem Beitrag finden Sie das jeweilige Video im Original
Die Einleitung und Erklärung zu dieser Videoserie finden Sie hier: Einleitung
Teil 6 – „Fortgeschrittene Kernenergietechnik“
In der letzten Folge von „Energy Transition Crisis“: Frühere Episoden erläuterten die Bedeutung der Energiewende, wir stellten einen Plan vor, um fossile Brennstoffe durch saubere Energie zu ersetzen, erklärten, warum eine globale Energiekrise Mitte der 2020er Jahre unvermeidlich ist, behandelten erneuerbare geothermische Energie und wogen die Vor- und Nachteile der konventionellen Kernenergie ab. Jetzt zeigt Erik Townsend, wie fortschrittliche Kerntechnologie das Spiel komplett verändern wird.
Die Kernenergie ist bereits die sicherste Form der Grundlaststromerzeugung, die es gibt. Aber mir ist es egal, wie sicher sie statistisch gesehen bereits ist. Der Kernschmelzunfall in Fukushima Daiichi im Jahr 2011 hat uns allen eine sehr reale Erinnerung daran hinterlassen, was in einem Kernkraftwerk schiefgehen kann.
Es ist mir egal, dass die Zahl der Todesfälle und Krankheiten geringer war, als die Zahl der vergleichsweise üblichen Fällen in Kohlebergwerken.
Ich möchte trotzdem nicht, dass so etwas jemals wieder passieren kann. Als ich anfing, mich mit diesem Thema zu befassen, dachte ich zunächst, dass wir eine neue Technologie erfinden müssen, um solche Unfälle unmöglich zu machen.
Ich habe mich geirrt: Die fortschrittliche Nukleartechnologie, die benötigt wird, um Unfälle wie in Fukushima und Three Mile Island zu verhindern, muss nicht erst erfunden werden; sie wurde bereits erfunden, und zwar bevor ich überhaupt geboren wurde!
Nuklearingenieure haben die Notwendigkeit einer neuen Technologie, die Kernschmelzen und Wasserstoffexplosionen völlig unmöglich macht, schon vor Jahrzehnten erkannt, und diese bereits vor Jahrzehnten erfunden. Sie haben nicht nur die Technologie erfunden, die die Katastrophe von Fukushima, lange bevor sie sich ereignete, hätte verhindern können. Sie haben diese Technologie erfunden, bevor die Anlage in Fukushima Daiichi überhaupt gebaut wurde. Tatsächlich haben sie die Technologie, die das Risiko einer Kernschmelze vollständig eliminieren könnte, schon vor sechs Jahrzehnten erfunden!
Doch bis zum heutigen Tag wurde diese bahnbrechende Technologie, die von den Steuergeldern meiner Eltern bezahlt wurde, nie kommerziell verwertet und zum Einsatz gebracht. Die Geschichte, wie sehr die Korruption der Regierung und politische Günstlingswirtschaft die öffentliche Sicherheit gefährdet und Unfälle ermöglicht hat, die eigentlich verhindert hätten können, wird Sie von den Socken hauen! Ich werde Ihnen die ganze Geschichte in dieser Folge von Energy Transition Crisis zeigen.
Wie ich in der letzten Folge erklärt habe, sind viele der schlimmsten Dinge, die in einem Kernkraftwerk schief gehen können, auf die Wahl von unter hohem Druck stehendem Wasser als Kühlmittel im Reaktorkern zurückzuführen. Deshalb plädiere ich nachdrücklich für den Bau neuer Reaktoren mit besseren Kühlmitteln, die nicht unter Druck stehen und keine Wasserstoffexplosionen verursachen können.
Man muss fairerweise sagen, dass der Druckwasserreaktor seit 1967, als der in Fukushima geschmolzene Siedewasserreaktor gebaut wurden, einen langen Weg zurückgelegt hat. Der heutige Stand der Technik bei Druckwasserreaktoren wird als Generation III+ bezeichnet. Die wichtigsten Fortschritte wurden in den Bereichen Automatisierung und passive Sicherheitssysteme erzielt. Diese Fortschritte machen die Kraftwerke der Generation III+ viel sicherer als die Reaktoren von damals.
Die Automatisierung ist von entscheidender Bedeutung, weil sie menschliches Versagen ausschließt, welches die Hauptursache für alle schweren Unfälle war. Passive Sicherheit ist das Schlagwort, das bedeutet, dass Sicherheitssysteme so konzipiert sind, dass sie sich auf Dinge wie die Schwerkraft verlassen, die immer funktionieren, egal was passiert. Im Gegensatz zu Dingen wie Notstromgeneratoren, die manchmal nicht wie erwartet funktionieren.
Schon vor diesen Fortschritten war die Kernenergie die sicherste Grundlast-Energiequelle, die es gibt. Die Kernkraftwerke der Generation III+ werden noch viel sicherer sein. Es gibt also keinen Grund zu zögern, neue Kernkraftwerke zu bauen, die auf den neuesten Reaktorkonzepten der Generation III+ wie dem Westinghouse AP1000 basieren. Wir können noch viel besser werden, und das erste, was wir verbessern sollten, ist die Abschaffung von Wasser als Kühlmittel für den Reaktorkern.
Wie ich Ihnen in der letzten Folge gezeigt habe, ist Druckabfall im Reaktorkern, Dampfblasen, Kernschmelzen und Wasserstoffexplosionen wie die, die das Dach des Reaktorgebäudes in Fukushima weggesprengt hat, die Folge der Wahl von Wasser als Kühlmittel. Welches die Wärme vom Reaktorkern auf den Wärmetauscher überträgt, der die Wärmeenergie zur Stromerzeugung nutzt.
Ein weiterer Nachteil von Wasser als Reaktorkühlmittel besteht darin, dass das Wasser aufgrund des hohen notwendigen Drucks nicht so heiß werden kann. Dies führt direkt dazu, dass mehr von der Energie, die bei der Kernspaltungskettenreaktion freigesetzt wird, verschwendet wird und weniger davon in Strom umgewandelt wird.
Ein weitaus besseres Kühlmittel ist flüssiges (geschmolzenes) Salz, das bei Temperaturen von über 700 °C ohne hohen Druck arbeiten kann. Dies macht Kernreaktoren, die mit geschmolzenem Salz gekühlt werden, viel sicherer und effizienter als wassergekühlte Reaktoren.
Jetzt kommt der wirklich spannende Teil: Flüssigsalzreaktoren können so konstruiert werden, dass sich der Uranbrennstoff im Kühlmittelgemisch auflöst, so dass die Brennstäbe und damit das Risiko einer Kernschmelze vollständig entfallen.
Wenn in einem Flüssigbrennstoffreaktor mit Flüssigsalz die Kühlmittelpumpen ausfallen, wird die Kettenreaktion der Kernspaltung gestoppt. Das Kühlmittel fließt durch die Schwerkraft in ein Notreservoir ab. Kernschmelzunfälle wie in Fukushima sind unmöglich, da es keine Brennstäbe gibt, die schmelzen könnten. Die Abtrennung von Wasserstoff ist ebenfalls nicht möglich, da Wasserstoff nicht zu den Bestandteilen des Kühlmittelgemischs gehört.
Eine Druckentlastung des Reaktorkerns und eine Dampfblasenbildung sind auch nicht möglich, da der Kern von vornherein nicht unter Druck steht. Für den Betrieb der Kühlpumpen werden keine Notstromgeneratoren benötigt, so dass diese nicht ausfallen können. Diese Konstruktion ist von Natur aus um einiges sicherer als der Druckwasserreaktor. Da alle die schlimmsten Fehlerarten des Druckwasserreaktors in einem Flüssigsalzreaktor buchstäblich unmöglich sind.
Jetzt kommt der Teil, der Sie vielleicht wütend machen wird, und das zu Recht: Flüssigsalzreaktoren wurden in den frühen 1960er Jahren am Oak Ridge National Laboratory in Oak Ridge, Tennessee, erfunden.
Der erste mit flüssigem Kernbrennstoff betriebene Flüssigsalzreaktor wurde 1964 gebaut und 1965 zum ersten Mal in Betrieb genommen.
Richtig gehört: Eine neue Reaktortechnologie, die die Reaktorkatastrophe in Fukushima, Three Mile Island und Tschernobyl vollständig hätte verhindern können, wurde getestet und erwies sich als funktionstüchtig. Vor 58 Jahren im Jahr 1965. Dieser Reaktor war vier Jahre lang ununterbrochen in Betrieb, bis er 1969 abgeschaltet wurde, nachdem er seinen Zweck tadellos erfüllt hatte.
Ich wette, Sie fragen sich… Wenn ein viel sichererer Kernreaktor das Risiko einer Kernschmelze komplett ausschließen könnte. Der die Unfälle in Fukushima und Three Mile Island hätte verhindern können. Der bereits 1965 getestet wurde und nachweislich funktionierte. Warum zum Teufel hat die Regierung diese Konstruktion dann nicht zum Industriestandard für alle in den 1970ern gebauten zivilen Kernkraftwerke gemacht?
Wenn es schließlich ein Forschungslabor der US-Regierung war, dass die Steuergelder unserer Eltern für die Erfindung, Erprobung und Perfektionierung des Reaktordesigns mit flüssigem Salz ausgab. War es dann nicht die Aufgabe der US-Regierung, diese Technologie einzusetzen, um die Atomenergie so sicher wie nur möglich zu machen?
Jetzt schnallen Sie sich an, denn der nächste Teil wird Ihnen nicht gefallen: Die US-Regierung entdeckte ein sehr ernstes Problem mit dem Flüssigsalzreaktor, welches dazu führte, dass das gesamte Programm vollständig eingestellt werden musste. Flüssigsalzreaktoren wurden nämlich in Tennessee erfunden. Präsident Nixon aber war aus Kalifornien und viele der einflussreichsten Kongressabgeordneten, die in den frühen 1970er Jahren die Atomprogramme des Landes überwachten, waren ebenfalls aus Kalifornien.
Das Flüssigsalzreaktor-Experiment in Tennessee leistete bahnbrechende Arbeit und machte enorme Fortschritte in der Sicherheit von Kernreaktoren. Doch dieses Projekt konkurrierte um Finanzierung mit einem anderen Projekt, dem Schnellen Brutreaktor mit flüssigem Metall (Natrium). Der Schnelle Brutreaktor mit flüssigem Metall wurde vom Flüssigsalzreaktor in Oak Ridge übertroffen, da der Schnelle Brutreaktor nicht alle großen Verbesserungen in der Sicherheit bot, die in Tennessee gemacht wurden. Aber noch wichtiger war, dass der Schnelle Brutreaktor mit flüssigem Metall in Südkalifornien entwickelt wurde, dem Heimatstaat von Präsident Nixon.
Wenn ich Ihnen nun erzähle, dass das wichtigste Forschungsprogramm in der Geschichte der Kernindustrie, das tiefgreifende Fortschritte bei der Sicherheit von Atomreaktoren brachte, von Präsident Nixon gestrichen wurde. All diese bahnbrechenden Forschungen buchstäblich weggeworfen wurden und in Vergessenheit gerieten, weil sie im falschen Bundesstaat stattfanden. Und zwar aus keinem anderen Grund als dem, dass der Präsident wollte, dass das Geld stattdessen in seinem eigenen Bundesstaat Kalifornien ausgegeben wird. Sie würden mich wahrscheinlich für einen durchgeknallten, verrückten Verschwörungstheoretiker halten!
Aber Sie müssen mir nicht einfach so glauben. Wenn Sie mit dem Watergate-Skandal vertraut sind, wissen Sie bereits, dass Präsident Nixon die seltsame Angewohnheit hatte, sich selbst aufzunehmen, was sich später als äußerst unpassend herausstellen sollte. Lassen Sie uns also jetzt in das Telefonat von Präsident Nixon mit dem Kongressabgeordneten Craig Hosmer aus Kalifornien im Juni 1971 hineinhören.
(Spielen Sie die Aufnahme ab Minute 12:06 bis 13:36)
https://www.youtube.com/watch?v=bbyr7jZOllI&t=731s&ab_channel=GoogleTechTalks)
(Übersetzung des Telefongesprächs von US-Präsident Nixon und Craig Hosmer, einige Stellen sind unverständlich)
NIXON: Okay. >> HOSMER: Herr Präsident? >> NIXON: Da Sie unser Treffen verpasst haben, als wir über den Brutreaktor gesprochen haben, wissen Sie…
HOSMER: Okay. >> NIXON: …ich wollte Sie wissen lassen, dass wir heute eine Nachricht gesendet haben, Craig, aber dann habe ich Zigler gesagt, er soll der Presse sagen, dass es eine parteiübergreifende [UNVERSTÄNDLICH] gibt, dass Sie und [UNVERSTÄNDLICH] >> HOSMER: In Ordnung. >> NIXON: …mich damit genervt haben. Was ich Ihnen auch sagen wollte, ist, dass ich… Holifield war gestern Abend bei der [UNVERSTÄNDLICH] Club-Veranstaltung, und ich habe den Leuten hier gesagt… jetzt, das muss etwas sein, was wir sehr diskret behandeln, aber ich bin gnadenlos in einer Sache, alle Aktivitäten, die wir möglicherweise machen können, sollten in dem Bereich Südkalifornien platziert werden. Und auch im Bereich der „saline water field“. >> HOSMER: Gut. >> NIXON: Wissen Sie, wir brauchen die Arbeitsplätze. Wir müssen diese Arbeiter aus der Luftfahrt beschäftigen. Jetzt, wir haben ein paar… wir werden ein paar neue Dinge am Wasser zu bauen, zum Beispiel, und ich habe beschlossen, eine große Anlage in Südkalifornien zu bauen. Ich meine, wissen Sie, eine große Anlage umsetzen, wenn Sie verstehen, was ich meine, es… >> HOSMER: Richtig, richtig. >> NIXON: …es geht nur darum, wie groß die Anlage ist. Aber in diesem Energiebereich habe ich Dr. David (Weißes Haus, Wissenschaftsberater) und natürlich Seaborg (Chef der Atom-Energie-Behörde) und den Rest gesagt, dass wir es tun. Also, im Ausschuss, immer wenn Sie die Gelegenheit haben, sticheln Sie, sagen Sie: „Wo wird das sein?“ Lassen Sie uns das kalifornische Ding vorantreiben. Können Sie das tun? >> HOSMER: Übrigens, Herr Präsident… >> NIXON: Ja. >> HOSMER: …ich bin so erfreut, dass Sie 16 Millionen Dollar für die Verbesserung des Anreicherungskomplexes freigegeben haben. Das wette das löst ein unangenehmes… >> NIXON: Richtig. >> HOSMER: …politische Problem für uns. >> NIXON: Richtig. Gut, gut. Nun, sie haben mir gesagt, dass Sie daran interessiert wären, und ich sagte: „Wenn Hosmer dafür ist, bin ich dafür.“ >>Hosmer (lacht): Oh, ja, ja
Präsident Nixon und Kongressabgeordneter Hosmer hatten Erfolg mit ihrem Plan, „rücksichtslos“ zu sein und „es diskret zu behandeln „. Sie hielten das Forschungsgeld in ihrem eigenen Bundesstaat Kalifornien. Der andere Mann, den Präsident Nixon in dem eben gehörten Anruf erwähnte, war Chet Holifield, ein weiterer Kongressabgeordneter aus – Sie haben es erraten – Kalifornien. Holifield war einer der einflussreichsten und mächtigsten Männer in der Atomenergiepolitik der frühen 1970er Jahre. Ebenso war es Milton Shaw, der das Projekt des Schnellen Brutreaktors mit flüssigem Metall in Südkalifornien leitete.
Alvin Weinberg, der Vater der Konstruktion des Flüssigsalzreaktors, leitete das Flüssigsalz-Experiment in Oak Ridge, Tennessee. Anfang 1971 versuchte Weinberg erfolglos, auf die tiefgreifenden Fortschritte bei der Reaktorsicherheit aufmerksam zu machen, die im Labor in Oak Ridge bereits erzielt worden waren.
In der Zwischenzeit gab es beim Schnellen Brüter in Südkalifornien massive Kostenüberschreitungen und kaum Fortschritte. Als Weinberg versuchte, die politischen Entscheidungsträger auf den weitaus größeren Erfolg in Tennessee aufmerksam zu machen, verärgerte dies nur Präsident Nixon, die Kongressabgeordneten Holifield und Hosmer sowie den Chef der Atomenergiekommission, Milton Shaw.
Kurz nach dem Telefonat, das wir gerade gehört haben, wurde Alvin Weinberg entlassen, und später wurde das Experiment des Flüssigsalzreaktors in Oak Ridge ganz eingestellt. Hier ist, was Alvin Weinberg über diese Erfahrung in seiner Autobiographie von 1994 zu sagen hatte:
Kongressabgeordneter Chet Holifield war offensichtlich genervt von mir und platzte schließlich heraus: ‚Alvin, wenn Sie sich um die Sicherheit von Reaktoren sorgen, dann denke ich, dass es vielleicht Zeit für Sie ist, die Kernenergie zu verlassen.'“ Weinberg schrieb, dass er sprachlos war. Es war sofort klar, dass die Entscheidungsträger kein Interesse an Weinbergs Fokus auf die Reaktorsicherheit als oberste Priorität hatten. Besonders nicht, wenn die Reaktoren in Tennessee sicherer waren als die in Kalifornien.
Der angegebene Grund für die Entlassung von Alvin Weinberg, dem Vater des Flüssigsalzreaktors, war seine Sorge um die Reaktorsicherheit, eine Sorge, die von den Verantwortlichen der Atomenergiekommission nicht geteilt wurde. Die Indizien deuten jedoch darauf hin, dass der wahre Grund für Weinbergs Entlassung darin lag, dass die bahnbrechenden Fortschritte in Oak Ridge das Lieblingsprojekt der Kalifornier, den in Südkalifornien entwickelten Schnellen Brüter, in den Schatten stellten. Ich kann mich gar nicht entscheiden, welcher dieser Gründe ärgerlicher ist!
So oder so wurde Weinberg 1971 entlassen, kurz nach dem Telefonat zwischen Präsident Nixon und dem Kongressabgeordneten Craig Hosmer, das wir gerade gehört haben. Das Experiment des Flüssigsalzreaktors wurde etwa 18 Monate später vollständig eingestellt. Das Projekt des Schnellen Brüter mit Flüssigmetall in Kalifornien sollte bis 1973 eine Budgetüberschreitung von über 700 Millionen Dollar verursachen.
Das Projekt wurde schließlich Jahre später wegen Bedenken hinsichtlich der Verbreitung von Atomwaffen abgebrochen, da der Schnelle Brutreaktor mit flüssigem Metall durch die Umwandlung von U-238 in Plutonium funktionierte.
Alle Forschungsunterlagen des Flüssigsalz-Experiments fanden irgendwie ihren Weg in den Lagerraum eines kleinen Kindermuseums unweit des Oak-Ridge-Labors.
Sie sollten vernichtet werden und wären für immer verloren gewesen, wenn nicht Kirk Sorensen, ein ehemaliger NASA-Ingenieur, das Konzept des Flüssigsalzreaktors entdeckte. Als er für die NASA nach einer Möglichkeit suchte, eine Kolonie auf dem Mond mit Strom zu versorgen. Sorensen startete eine Ein-Mann-Aktion zur Rettung der Unterlagen aus Oak Ridge, indem er sie kurz vor ihrer geplanten Vernichtung scannen ließ.
Brutreaktoren werden eine sehr wichtige Rolle bei der Lösung des Problems der Entsorgung von Kernabfällen spielen. Wie ich in der vorherigen Episode erklärte, enthält natürliches Uran weniger als 1% U-235, das spaltbare Isotop von Uran, das eine Kernspaltungskettenreaktion aufrechterhalten kann.
Der Rest ist U-238, das nicht spaltbar ist. Kernreaktorbrennstoff wird durch Anreicherung von natürlichem Uran auf einen Gehalt von etwa 3 – 5 % U-235 hergestellt. Die verbleibenden 95 – 98 % sind U-238, das in Druckwasserreaktoren vollständig verschwendet wird.
Zu sagen, dass 95% des Brennstoffs verschwendet werden, ist die Untertreibung des Jahrhunderts. Es ist nicht nur „verschwendet“ im Sinne von nicht genutzt. Im Laufe des Betriebs eines Druckwasserreaktors über mehrere Jahre hinweg wird das U-238 mit kleinen Mengen Plutonium und anderen Spaltprodukten, den sogenannten Transuranen, vermischt.
Das bedeutet, dass das U-238, das aus dem Boden gewonnen wurde und ohne Bedenken zurück in den Boden gebracht werden könnte, nun mit einigen wirklich unangenehmen Stoffen kontaminiert ist. Das daraus resultierende Gemisch ist hochradioaktiver Kernbrennstoffabfall, von dem inzwischen fast 250 000 Tonnen in der ganzen Welt gelagert sind. Er bleibt zwar nur etwa 50 Jahre lang gefährlich radioaktiv, aber auf einem niedrigeren Strahlungsniveau bleibt er noch über 100.000 Jahre lang radioaktiv!
Wäre es nicht großartig, wenn wir eines Tages einen Kernreaktor erfinden würden, der 95 % des Brennstoffs nicht verschwendet, nachdem er 100.000 Jahre lang radioaktiv ist? Wir brauchen nicht auf „eines Tages“ zu warten. Es wird als Brutreaktor bezeichnet und wurde vor einem halben Jahrhundert erfunden, gebaut, getestet und als funktionstüchtig erwiesen.
Ein Brutreaktor ist ein Kernreaktor, der mehr spaltbaren Kernbrennstoff produziert als er verbraucht. Auf den ersten Blick scheint das unmöglich, wie ein Auto, das mit 10 Gallonen (3,78 Liter) Benzin im Tank startet, den ganzen Tag fährt und dann irgendwie mit 11 Gallonen Benzin im Tank endet, ohne nachzutanken. Autos funktionieren nicht auf diese Weise, aber Brutreaktoren schon.
Stellen Sie sich ein magisches Auto vor, das alle 20 Meilen (1,60 km) eine Gallone Benzin verbraucht, das aber auch alle 18 Meilen eine Gallone Wasser in Benzin umwandeln kann. Obwohl das Benzin verbraucht wird, wird es durch neues, auf magische Weise aus Wasser hergestelltes Benzin sogar schneller ersetzt, als es verbraucht wird.
Das Ergebnis: Wenn Sie an Ihrem Ziel ankommen, haben Sie mehr Benzin im Tank als zu Beginn Ihrer Reise. Alles, was Sie für Ihre Reise verbraucht haben, war das tägliche Wasser, das viel billiger und in größerer Menge vorhanden ist als Benzin.
Ein Brutreaktor funktioniert folgendermaßen: Er verbraucht spaltbaren Brennstoff, so wie ein Auto Benzin verbrennt. Gleichzeitig produziert er aber auch mehr spaltbaren Brennstoff, indem er ein anderes fruchtbares Material in spaltbaren Brennstoff umwandelt.
Wenn der Brutreaktor zum ersten Mal mit demselben niedrig angereicherten Uran befüllt wird wie die Druckwasserreaktoren, halten die 5 % des Brennstoffs, die aus U-235 bestehen, die Spaltungskettenreaktion aufrecht.
Aber die 95 % des Brennstoffs, die aus U-238 bestehen, gehen in einem Brutreaktor nicht verloren. Stattdessen wird er langsam in Plutonium, einen anderen spaltbaren Brennstoff, umgewandelt.
Aus einer gegebenen Menge schwach angereicherten Uranbrennstoffs kann ein Brutreaktor buchstäblich 20-mal mehr Strom erzeugen als ein Leichtwasserreaktor, der 95% des von ihm verbrauchten schwach angereicherten Urans verschwendet. Und der Vorteil beschränkt sich nicht nur auf die Brennstoffeffizienz. Brutreaktoren reduzieren auch die produzierten nuklearen Abfälle um mindestens 95%!
Aber Moment mal… Plutonium? Ist das nicht das Zeug, mit dem man Atombomben herstellt? Ja, das stimmt, und das ist der Grund, warum Brutreaktoren eine kontroverse Geschichte haben. Um das klarzustellen: Atombomben werden aus waffenfähigem Uran oder Plutonium hergestellt. Uran-Brutreaktoren, die zur Stromerzeugung eingesetzt werden, produzieren nur reaktorfähiges Plutonium, das nicht für den Bombenbau geeignet ist. Aber allein der Gedanke, dass Plutonium in irgendeiner Form hergestellt wird, wirft viele Fragen auf.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Brutreaktoren ein fantastischer Fortschritt sind, da sie es ermöglichen, den gesamten Uranbrennstoff zu nutzen und die Menge des Atommülls um mindestens 95 % zu reduzieren. Uranbetriebene Brutreaktoren funktionieren, indem sie U-238 in Plutonium umwandeln. Genau das gibt Anlass zu der berechtigten Sorge, was passieren könnte, wenn Terroristen oder Schurkenstaaten in der Lage wären, einen zivilen Brutreaktor zu modifizieren und ihn irgendwie in einen Plutoniumproduktionsreaktor zu verwandeln, der waffenfähiges Plutonium herstellen kann. Nach meinen Recherchen ist das ein ziemlich weit hergeholtes Szenario, denn militärische Plutonium-Produktionsreaktoren sind unglaublich anspruchsvoll und teuer in der Konstruktion und im Bau. Aber das Risiko muss dennoch ernst genommen werden.
Es gibt eine gute Möglichkeit, dieses Risiko zu mindern, aber um sie zu verstehen, müssen wir zunächst zu den revolutionären Forschungsarbeiten zurückkehren, die Mitte der 1960er Jahre am Oak Ridge National Laboratory durchgeführt wurden.
Kehren wir zum Thema Flüssigsalzreaktoren zurück, die in den 1960er Jahren in Oak Ridge, Tennessee, entwickelt wurden. Es ist möglich, einen mit Uran betriebenen Flüssigsalzreaktor zu bauen, aber der 1964 in Oak Ridge gebaute Flüssigsalzreaktor wurde mit einem anderen schweren Element namens Thorium betrieben. Alvin Weinberg war nicht nur von der Sicherheit besessen.
Er war sich auch darüber im Klaren, dass Uran ein knappes Element ist, das nicht ewig hält, und dass Uran-Brutreaktoren, die Plutonium produzieren, zu Bedenken hinsichtlich der Verbreitung von Waffen führen würden. Weinberg war seiner Zeit wirklich um Jahrzehnte voraus.
Thorium ist ein Element, das in der Erdkruste viermal so häufig vorkommt wie Uran. Ähnlich wie U-238 ist Thorium fruchtbar, d. h. es kann in einem Brutreaktor in ein anderes Element umgewandelt werden, welches spaltbar ist, d. h. es kann eine nukleare Kettenreaktion auslösen. Aber hier ist der entscheidende Unterschied zwischen Thorium- und Uranbrennstoff, der alles mit der Bewältigung des Verbreitungsrisikos von Waffen zu tun hat: Thorium kann nicht in Plutonium umgewandelt werden. Im Gegenteil, beim Brüten von Thorium entsteht U-233, ein weiteres spaltbares Isotop des Urans.
Ein mit Thorium betriebener Kernreaktor erzeugt Energie aus einer Uran-Kernspaltungskettenreaktion, genau wie ein Druckwasserreaktor. Der Unterschied besteht darin, dass das Uran, welches die Kernspaltungskettenreaktion aufrechterhält, U-233 und nicht U-235 ist. Und dieses U-233 entsteht durch das Brüten von fruchtbarem Thoriumbrennstoff in U-233.
Es gibt eine urbane Legende im Internet, die besagt, dass Thorium das Risiko der Verbreitung von Kernwaffen vollständig ausschließt, weil es unmöglich ist, eine Bombe aus U-233 herzustellen.
Daran ist was Wahres dran, aber es ist eine Übertreibung. Es ist nicht „unmöglich“, eine Bombe aus U-233 zu bauen. Richtig ist, dass U-233 sehr viel instabiler ist als U-235, und der Bau einer Bombe aus U-233 wäre sehr viel schwieriger als der Bau einer Bombe aus waffenfähigem hochangereichertem U-235 oder waffenfähigem Plutonium. Man kann also mit Fug und Recht behaupten, dass das Risiko der Weiterverbreitung von Waffen viel geringer ist, wenn Thorium zu U-233 generiert wird, als wenn U-238 zu Plutonium umgewandelt wird.
Aber halt, was wäre, wenn die Bösewichte einen mit Thorium betriebenen Brutreaktor in die Hände bekämen? Könnten sie nicht einfach den Thorium-Brennstoff wegwerfen, ihn mit U-238 auffüllen und das U-238 in Plutonium umwandeln? Die Antwort ist ein klares Nein, und das ist einer der wichtigsten Vorteile von Thorium als Kernreaktorbrennstoff.
Um vollständig zu erklären, warum ein Thorium-Brutreaktor niemals als Plutonium-Produktionsreaktor umfunktioniert werden könnte, müsste man sich viel detaillierter mit der Kernphysik beschäftigen, als wir hier Zeit dafür haben.
Die Kurzzusammenfassung ist, dass die Umwandlung von U-238 in Plutonium viel schneller bewegende Neutronen und ein viel komplexeres Reaktordesign erfordert. Wenn wir über einen Uran-betriebenen Brutreaktor mit schnellen Neutronen sprechen, wie den, der in Südkalifornien entwickelt wurde, als Alvin Weinberg 1971 entlassen wurde, gäbe es ein sehr reales Risiko, dass ein solcher Reaktor für die Produktion von waffenfähigem Plutonium umfunktioniert werden könnte.
Aber Weinbergs Thorium-betriebener Flüssigsalz-Brutreaktor könnte niemals für die Plutoniumproduktion umfunktioniert werden, da das viel einfachere Reaktordesign einfach nicht in der Lage ist, U-238 in Plutonium umzuwandeln.
Im Interesse einer vollständigen Offenlegung ist der nächste Teil zugegebenermaßen eine Vermutung meinerseits. Erinnern Sie sich daran, dass Chet Holifield bei der Entlassung von Alvin Weinberg erklärte, im Atomenergieprogramm sei kein Platz für Leute wie Weinberg, die der Meinung waren, dass die Reaktorsicherheit das oberste Ziel sein sollte.
Man bedenke, dass 1971 der Höhepunkt des Kalten Krieges zwischen den USA und der Sowjetunion war. Könnte es sein, dass einer der Gründe, warum Weinberg gefeuert und das gesamte Programm gestrichen wurde, darin bestand, dass Weinbergs Team einen Weg gefunden hatte, das Risiko der Verbreitung von Waffen durch schnelle Uran-Brutreaktoren, die Plutonium erzeugen können, fast vollständig zu eleminieren?
Könnte es sein, dass Präsident Nixon und die Männer, die die Atomenergiekommission leiteten, nicht wollten, dass das Problem der Waffenverbreitung durch den Brutreaktor gelöst wird. Da sie in der Lage sein wollten, Plutonium in zivilen Stromerzeugungsreaktoren zu produzieren, um das Wettrüsten im Kalten Krieg zu unterstützen? Das ist nur eine unausgegorene Vermutung meinerseits, und ich gebe zu, dass es eine reine Spekulation ist.
Aber wie sonst lässt sich erklären, dass Chet Holifield Alvin Weinberg unverblümt mitteilte, der Grund für seine Entlassung sei, dass im Atomenergieprogramm kein Platz für Leute sei, die die Reaktorsicherheit für die wichtigste Priorität hielten?
Die bahnbrechenden Forschungsarbeiten, die in den 1960er Jahren am Oak Ridge National Laboratory durchgeführt wurden, waren mit Abstand die besten und wichtigsten Forschungsarbeiten in der gesamten Geschichte der Kernkraftindustrie.
Doch nachdem Alvin Weinberg 1971 entlassen und das gesamte Projekt 1973 eingestellt wurde, löste sich das Team auf. Die äußerst wertvollen Forschungsarbeiten wären für immer in Vergessenheit geraten, wenn nicht der ehemalige NASA-Ingenieur Kirk Sorensen aktiv geworden wäre.
Sorensen hatte sich bereits für die Kommerzialisierung des mit flüssigem Thorium betriebenen Flüssigsalzreaktors begeistert. Als er erfuhr, dass alle Forschungsunterlagen aus Oak Ridge vernichtet werden sollten, ergriff er sofort die Initiative und sorgte dafür, dass sie eingescannt wurden, bevor sie für immer verloren gewesen wären.
Obwohl Kirk Sorensen ein persönliches Interesse daran hatte, diese Technologie selbst zu vermarkten, versuchte er nicht, diese unschätzbaren Forschungsergebnisse für sich zu behalten. Stattdessen veröffentlichte er sie im Internet und machte sie allen zugänglich, auch denjenigen, von denen er wusste, dass sie zu Konkurrenten seines eigenen Start-up-Unternehmens würden.
Das Ergebnis war die Entstehung einer kleinen Industrie von Start-up-Unternehmen, die gerade jetzt daran arbeiten, die in den 1960er Jahren in Oak Ridge entwickelten Reaktorkonzepte mit flüssigem Salz und Thorium zu perfektionieren und zu vermarkten.
In den meisten Fällen handelt es sich bei diesen Unternehmen um Lieblingsprojekte von Milliardären, die es sich leisten können, ein irrationales Investitionsrisiko einzugehen, indem sie eine Maschine bauen, von der keine Atomaufsichtsbehörde der Welt weiß, wie sie zu regulieren ist.
Warum dieses Risiko eingehen? Weil fortschrittliche Nukleartechnologien, von denen wir schon seit Jahrzehnten wissen, das Potenzial haben, die Menschheit buchstäblich vor der kommenden globalen Energiekrise zu retten. In der nächsten Folge erzähle ich Ihnen alles über eines dieser aufregenden Start-up-Unternehmen, die mit geschmolzenem Salz und Thorium betriebene Reaktoren kommerzialisieren.
Ich weiß, was einige von Ihnen bereits denken: Wenn unsere Steuergelder all diese bahnbrechenden Forschungen in Oak Ridge in den 1960er-Jahren bezahlt haben, warum zum Teufel hat die US-Regierung dann nicht die Kurve gekriegt und erkannt, dass die Förderung der Kommerzialisierung dieser Technologie Unfälle wie Fukushima und Three Mile Island hätte verhindern können?
Seit etwa 2011 hat Kirk Sorensen die US-Regierungsbeamten angefleht und gebeten, die Oak-Ridge-Forschung wiederzubeleben und zu unterstützen. Er wurde jedoch viele Jahre lang völlig ignoriert. Ich persönlich finde es zum Verrücktwerden, dass die von den Steuergeldern meiner Eltern finanzierte Forschung, die alle großen Unfälle in der Geschichte der Kernenergie hätte verhindern können, komplett aufgegeben wurde. Nur weil sie im falschen Staat erfunden wurde und weil sie Präsident Nixons Lieblingsprojekt, das in seinem eigenen Staat Kalifornien entwickelt wurde, in den Schatten stellte.
Falls die Erzählung darüber, wie schlecht unsere Regierung die Kernenergiepolitik vermasselt hat, Sie noch nicht verärgert hat, geben Sie mir bitte noch eine Minute Ihrer Aufmerksamkeit. Ich verspreche, dass Sie es bald sein werden. Sie sehen, exzentrische Milliardäre, die hofften, die Menschheit vor der kommenden Energiekrise zu retten, waren nicht die Einzigen, die auf Kirk Sorensens Videos aufmerksam wurden, die er ab 2011 hier auf YouTube zu veröffentlichen begann. Zu ihrem Verdienst erkannten auch Regierungsangestellte, die diese Videos auf YouTube sahen, die Bedeutung von Sorensens Botschaft.
Sie erkannten, wie unglaublich schlecht die US-Regierung gehandelt hatte, indem sie das Flüssigsalzreaktor-Experiment in Oak Ridge aus rein politischen Gründen abbrach. Sie erkannten den immensen Wert der Regierungsforschung, die Sorensen vor der Zerstörung gerettet hatte, nachdem sie nach der Abwicklung des Oak Ridge-Projekts im Jahr 1973 leichtfertig verworfen wurde.
Diese Regierungsangestellten, die von all dem durch die Videos von Kirk Sorensen hier auf YouTube erfahren haben, sind also in Aktion getreten und haben es geschafft, ihre Vorgesetzten davon zu überzeugen, ein von der Regierung finanziertes Programm zur Entwicklung und Kommerzialisierung der mit Thorium betriebenen Kernreaktortechnologie mit geschmolzenem Salz zu starten!
Ich weiß, das klingt zunächst wie eine großartige Nachricht. Aber es gibt ein kleines Problem: Die Regierungsangestellten, von denen ich spreche, arbeiten für die chinesische Regierung! Sobald die chinesische Regierung durch Kirk Sorensens Videos erfuhr, wie schlecht die US-Regierung die ganze Sache vermasselt hatte, verlor sie keine Zeit, lud jedes Dokument herunter, das sie bekommen konnte, und startete in China eine eigene Initiative zur Weiterentwicklung der Thorium-betriebenen Flüssigsalzreaktor-Technologie.
Und jetzt, etwas mehr als ein Jahrzehnt später, haben sie die Führung übernommen. Im Jahr 2018 begann das Shanghai Institute of Applied Physics in der Stadt Wuwei in der Provinz Gansu mit dem Bau eines Thorium-betriebenen Flüssigsalzreaktors, der sich an der Forschung in Oak Ridge orientiert. Dieser Reaktor ist inzwischen fertiggestellt und wurde von den chinesischen Aufsichtsbehörden im August 2022 zur Inbetriebnahme freigegeben.
In der Zwischenzeit verlassen einige amerikanische Kernenergieunternehmer die Vereinigten Staaten und gehen nach Kanada und in andere Länder, in denen die Atomaufsichtsbehörden offener für die Zusammenarbeit mit der Privatwirtschaft sind, um die fortschrittliche Nukleartechnologie zu vermarkten, die in den 1960er Jahren in Oak Ridge entwickelt wurde.
Was die US-Kernenergieregulierungsbehörden betrifft, so hat sich die Lage endlich zum Besseren gewendet, aber erst vor kurzem und sehr langsam. Am 12. April 2021 veröffentlichte das US-Energieministerium, Büro für Kernenergie, ein Informationsblatt mit dem Titel „Drei fortschrittliche Reaktorsysteme, die man bis 2030 im Auge behalten sollte“. Die drei in diesem Papier beschriebenen Designs sind der natriumgekühlte Schnellreaktor, der Hochtemperaturreaktor und der Flüssigsalzreaktor.
Richtig, der letzte auf ihrer Liste ist derselbe Flüssigsalzreaktor, der in den 1960er Jahren von Alvin Weinbergs Team in Oak Ridge gebaut, getestet und erprobt wurde. Kurz bevor Weinberg vom kalifornischen Kongressabgeordneten Chet Holifield und dem Chef der Atomenergiekommission, Milton Shaw, entlassen wurde. Weil er die unerhörte Behauptung aufgestellt hatte, dass die Sicherheit bei der Konstruktion von Reaktoren oberste Priorität haben sollte.
Jetzt, mehr als ein halbes Jahrhundert später, hat das US-Energieministerium endlich in einer offiziellen Mitteilung erklärt, dass die so genannte „neue Technologie“, die wir im Auge behalten sollten, genau das ist, was Weinbergs Team in den 1960er Jahren perfektioniert hat. Und wovon China seit 2011 erfolgreich einen Prototyp entwickelt hat. Insipieriert von Kirk Sorensens Bemühungen der die Aufmerksamkeit der US-Regierungsbeamten erlangen wollte.
Es gibt jedoch in den Vereinigten Staaten immer noch keinen Rechtsrahmen, der die Genehmigung eines mit geschmolzen Salz gekühlten, Thorium betriebenen zivilen Kernkraftreaktors auch nur in Erwägung zieht. Na, sind Sie jetzt verärgert?
Es ist längst überfällig, dass die Regierung der Vereinigten Staaten ihre Pflicht erkennt, die Kommerzialisierung der fortgeschrittenen Nukleartechnologie zu fördern, anstatt sie zu behindern. Und nachdem sie in dieser Hinsicht jahrzehntelang kläglich versagt hat, hat das Idaho National Laboratory ENDLICH das „National Reactor Innovation Center“ in Betrieb genommen. Dessen Aufgabe ist es, in Partnerschaft mit der Privatwirtschaft an der Kommerzialisierung fortgeschrittener Kerntechnik zu arbeiten.
Dies ist das beste Zeichen, das wir bisher gesehen haben, dass die US-Regierung möglicherweise das Richtige tun wird, nachdem sie in den letzten fünfeinhalb Jahrzehnten zunächst alle anderen Möglichkeiten ausgeschöpft hat.
Ich habe nur an der Oberfläche der Vorteile von Thorium-Brennstoff und geschmolzenen Salz als Kühlmitteln gekratzt. Um diesem Thema in vollem Umfang gerecht zu werden, wäre eine Dokuserie erforderlich, die mindestens so lang ist wie diese. Und zum Glück hat Kirk Sorensen diese Arbeit bereits mit all den kostenlosen Videos erledigt, die Sie auf seiner Website energyfromthorium.com finden.
Derzeit lagern fast 250.000 Tonnen abgebrannter Kernbrennstoffe. Sie stammen aus wassergekühlten Nicht-Brüter-Reaktoren und bestehen zu 95 % aus einwandfreiem natürlichem Uran, das recycelt und zur Herstellung von Brennstoff für andere Kernreaktoren verwendet werden kann und sollte.
Dadaurch erübrigt sicht zum einen die Notwendigkeit, immer mehr Atommüll zu lagern, und zum anderen wird die Verschwendung von einwandfreiem natürlichem Uran vermieden. Dieses könnte, wenn wir es weiterhin verschwenden, zu einer weltweiten Verknappung des natürlichen Urans führen, das als Brennstoff für die Kernreaktoren von morgen benötigt wird.
Frankreich recycelt seine abgebrannten Brennelemente seit Jahren mit großem Erfolg. Auch Russland hat bei der Abfallverwertung erhebliche Fortschritte gemacht. Aber die meisten anderen Länder, einschließlich der Vereinigten Staaten, haben es versäumt, diesem Beispiel zu folgen.
Es scheint, dass dieselben großartigen Köpfe, die die Forschung in Oak Ridge – möglicherweise die wichtigste Forschung in der Geschichte der Kernenergie – buchstäblich verworfen haben, die Chance nicht erkannt haben, unseren abgebrannten Kernbrennstoffabfall zu recyceln, anstatt ihn unbegrenzt zu lagern.
Wenn abgebrannter Kernbrennstoffabfall recycelt wird, sind 95% davon perfekt nutzbares natürliches Uran, das zurückgewonnen und zur Herstellung neuer Brennstäbe verwendet werden kann. Die verbleibenden 5% sind ziemlich unangenehme Stoffe. Stammt dieser Abfall aus einem Thorium-betriebenen Reaktor, muss er nur etwa 300 Jahre lang gelagert werden. Das ist einer der großen Vorteile von Thoriumbrennstoff – er reduziert die Lagerdauer für nuklearen Brennstoffabfall erheblich. Aber wenn wir über Abfälle aus einem Uran-betriebenen Reaktor sprechen – und die meisten der weltweit gelagerten 250.000 Tonnen Abfall fallen in diese Kategorie – dann müssten sie bis zu 100.000 Jahre lang gelagert werden.
Denken Sie daran, dass das Recycling das Volumen des Uranbrennstoffabfalls um 95% reduziert und dabei eine große Menge perfekt nutzbaren recycelten natürlichen Urans liefert. Aber die letzten 5% sind wirklich unangenehme Stoffe, und ich persönlich mag die Vorstellung nicht, zukünftigen Generationen die Last zu hinterlassen, irgendetwas zehntausende von Jahren zu lagern. Glücklicherweise löst eine andere fortschrittliche Kerntechnologie dieses Problem.
Ein enger Verwandter des Brutreaktors ist der Brennerreaktor. Das ist buchstäblich ein Kernreaktor, der so konzipiert ist, dass er den übelsten nuklearen Abfall, der vom Recyclingzyklus übrigbleibt – die 5%, die wirklich unangenehm sind –, als Brennstoff verwendet, um den Reaktor zu betreiben und Strom zu erzeugen.
Das bedeutet, dass wir die Technologie haben, alle 250.000 Tonnen des jetzt gelagerten nuklearen Abfalls zu recyceln, 95% davon als perfekt nutzbares natürliches Uran zurückzugewinnen, das wir verwenden können, um Brennstoff für die Kernreaktoren von morgen herzustellen, und dann die verbleibenden 5% in speziell dafür konzipierten Brennerreaktoren als Brennstoff zu verbrennen.
Aber nichts davon tun wir heute. Stattdessen verwenden alle zivilen Kernreaktoren weiterhin einen einmaligen Uranbrennstoffkreislauf, bei dem wir 95 % des Brennstoffs verschwenden. Mit nur wenigen Ausnahmen wie Frankreich lassen wir all diesen Abfall in teuren Atommülllagern stapeln.
Wir tun derzeit absolut nichts, um die fortschrittlichen Nukleartechnologien einzuführen und zu nutzen, die die Bedenken der Öffentlichkeit gegen die Kernenergie im Hinblick auf die Abfallentsorgung und die Weiterverbreitung von Waffen vollständig ausräumen könnten.
Die letzte fortgeschrittene Nukleartechnologie, die ich behandeln möchte, ist die Kernfusion. Die Kernfusion ist eine hochinteressante Technologie, die potenziell einen weiteren tiefgreifenden Fortschritt im Hinblick auf die Energieversorgung ermöglichen könnte. Aber für diese Doku-Serie, in der es um die Lösung der bis 2050 erforderlichen Energiewende geht, müssen Sie über die Kernfusion nur wissen. Undzwar dass sie nicht in dem Zeitrahmen kommerzialisiert werden kann, der erforderlich ist, um die kommende Krise zu lösen und unsere Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen zu beenden.
Ich empfehle Ihnen nach wie vor, sich über die Kernfusion zu informieren. Das wird jedoch eine Geschichte des 22. Jahrhunderts sein, oder vielleicht des späten 21. Jahrhunderts. Sie ist noch weit von der Kommerzialisierung entfernt, und sie wird nicht zur Lösung der kommenden Krise beitragen.
Um die Krise zu lösen und die Energiewende bis 2050 zu schaffen, müssen wir unsere Regierungen dazu zu bringen, ihren Scheiß auf die Reihe zu kriegen. Und die Technologie, die unsere Eltern und Großeltern mit ihren Steuergeldern bereits in den 1960er Jahren in Oak Ridge finanziert haben, zu kommerzialisieren.
Druckabfall im Reaktorkern, Dampfbildung, das Schmelzen von Brennstäben und Wasserstoffexplosionen sind mit dem Flüssigsaltzreaktor, der in den 1960er Jahren in Oak Ridge entwickelt, gebaut und getestet wurde, vollständig gelöst. Alles, was wir tun müssen, um diese Bedenken auszuräumen, ist, diese bewährte Technologie einzusetzen, aber im Moment stehen die Regulierungsbehörden dem Fortschritt im Weg.
Menschliches Versagen, die eigentliche Ursache für die Unfälle in Tschernobyl, Three Mile Island und Fukushima, wird durch Automatisierung und passive Sicherheitssysteme gelöst. So sehr ich auch kein Fan von wassergekühlten Reaktoren bin, so bleibt doch die Tatsache bestehen, dass die neuesten Reaktoren der Generation III+ vollkommen sicher sind und ihre Automatisierungssysteme speziell darauf ausgelegt sind, die Art von Problemen durch menschliches Versagen zu verhindern, die alle großen Unfälle verursacht haben.
Das Problem der Abfallentsorgung kann vollständig und umfassend gelöst werden durch die Kombination aus Recycling von abgebranntem Brennstoffabfall und Abfallverbrennungsreaktoren, die das, was nicht recycelt werden kann, verbrauchen. Unser Ziel sollte es sein, jedes Gramm der derzeit gelagerten 250.000 Tonnen Kernabfall zu recyceln, 95% davon für die Herstellung neuen Reaktorbrennstoffs zurückzugewinnen und die verbleibenden 5% als Brennstoff für Abfallverbrennungsreaktoren zu nutzen. Dies löst das Problem der Abfallentsorgung vollständig.
Thermische Thorium-Brutreaktoren, die nicht in der Lage sind, Plutonium zu züchten, und realistischerweise nicht zur Plutoniumzüchtung umfunktioniert werden können, selbst wenn sie stark modifiziert werden, lösen die meisten Bedenken in Bezug auf die Waffenverbreitung. In der nächsten Folge werde ich Ihnen zeigen, wie auch die übrigen Bedenken ausgeräumt werden können.
Die Lösung dieser Sicherheitsfragen ist nur die Hälfte des Problems. Baukostenüberschreitungen und Stilllegungskosten sind die Hauptgründe dafür, dass die Kernenergie heute so viel teurer ist als sie sein müsste.
Wir brauchen billige und reichlich vorhandene Energie, und damit die Kernenergie diese liefern kann, muss das Kostenproblem ein für allemal gelöst werden. Ich bin davon überzeugt, dass die beste Lösung für dieses Problem darin besteht, Kernreaktoren in Fabriken, am Fließband zu bauen.
Dieses Thema ist so wichtig, dass dies eine ganze Folge rechtfertigt, die demnächst bei Energy Transition Crisis erscheint.