Gazprom stoppt Gaslieferungen an Österreich

Gas-Preise auf Rekordhoch

Der russische Energiekonzern Gazprom hat angekündigt, seine Gaslieferungen an Österreichs OMV Gas Marketing and Trading vollständig einzustellen. Diese Entscheidung sorgt nicht nur für Verunsicherung, sondern hat auch die Gaspreise auf ein Einjahreshoch getrieben.

Quelle: TradingView / Michael Kawaletz

Lieferstopp ab Samstag 16.11.2024

Ab dem 16. November um 06:00 MEZ wird Gazprom keine vertraglich vereinbarten Mengen mehr an OMV liefern. Betroffen ist ein Volumen von bis zu 7.400 MWh pro Stunde, was etwa 10 Millionen Kubikmetern Gas pro Tag entspricht. Die plötzliche Ankündigung trifft den europäischen Gasmarkt empfindlich, da die Energieversorgung in den Wintermonaten ohnehin angespannt ist.

Reaktionen am Gasmarkt

Die TTF-Gaspreise, die als Benchmark für europäische Gaslieferungen gelten, stiegen am Freitag um fast 3 % und erreichten mit 47,49 EUR/MWh den höchsten Stand seit November 2023. Auch die LNG-Preise für Dezember in Nordwesteuropa stiegen auf 14,11 USD/MMbtu (entspricht 45,71 EUR/MWh), ebenfalls der höchste Stand seit November 2023.

Rechtsstreit im Hintergrund

Die Entscheidung von Gazprom steht in engem Zusammenhang mit einem kürzlich gefällten Schiedsgerichtsurteil, das den russischen Energiekonzern dazu verpflichtet, der OMV 230 Millionen Euro Schadensersatz zu zahlen. OMV hatte bereits davor gewarnt, dass die Lieferungen früher als geplant enden könnten.

Politische und wirtschaftliche Implikationen

Die Entscheidung Gazproms, die Lieferungen einzustellen, verdeutlicht erneut die Abhängigkeit Europas von externen Gasquellen und die dringende Notwendigkeit, alternative Energielösungen zu fördern.

Zudem läuft der aktuelle Gastransitvertrag zwischen der Ukraine und Russland Ende 2024 aus. Die ukrainische Regierung hat bereits angekündigt, diesen Vertrag nicht zu verlängern.

Das bedeutet, dass ab dem 1. Januar 2025 kein russisches Gas mehr über die Ukraine nach Österreich transportiert wird.

In Zeiten von Dunkelflauten – wie aktuell, wo kaum Wind- und Solarenergie eingespeist wird – ist Deutschland extrem von fossilen Brennstoffen wie Gas und Kohle abhängig.

Diese Abhängigkeit ist, wie ich schon oft beschrieben habe, hausgemacht.

Europa muss nun nicht nur auf kurzfristige Maßnahmen setzen, um mögliche Engpässe abzufedern, sondern langfristig auf die Diversifizierung seiner Energiequellen und die Stärkung der Energiesicherheit hinarbeiten.

Fehlender Plan in Deutschland

Einen konkreten Plan für die Energiestrategie erkenne ich in Deutschland derzeit nicht. Mehr erneuerbare Energien, wie kürzlich von Wirtschaftsminister Habeck gefordert, bringen ohne großflächige Speicherlösungen und massiven Infrastrukturaufbau wenig bis gar nichts. Sie erhöhen lediglich die Volatilität und den Stress im System.

Auch die Wasserstoffpläne, die auf Powerpoints beeindruckend aussehen, bieten keine kurz- oder mittelfristige Lösung – obwohl genau diese dringend gebraucht würde.

Die aktuelle Dunkelflaute und die unzureichende Energieerzeugung aus nicht-fossilen Quellen zeigen klar, dass noch erhebliche Kapazitäten fehlen, um die Versorgung zuverlässig zu decken.

Nettostromerzeugung: ohne Grenzüberschreitenden Stromhandel und mit fossilen Brennstoffen: (Schwarze Linie = Last)

Ohne Grenzüberschreitenden Stromhandel und ohne fossile Brennstoffe:

Man sieht bei dem letzten Bild, wie sehr Deutschland auf den Stromhandel sowie fossile Brennstoffe angewiesen ist, wenn die erneuerbaren nicht liefern.

Der Grenzüberschreitender Stromhandel in Europa deckt die Defizite. Dabei werden fehlende Strommengen aus Nachbarländern importiert oder überschüssiger Strom exportiert. Dieser Austausch ermöglicht es, Schwankungen in der Stromerzeugung auszugleichen und die Netzstabilität zu gewährleisten.

Ein Blick auf die öffentliche Nettostromerzeugung in der EU im November 2024 zeigt folgende Verteilung:

Platz 1: Kernenergie, Platz 2: Erdgas, Platz 3: Wind, Platz 4 und 5: Braun- und Steinkohle

Nettostromerzeugung in Deutschland im November 2024 zeigt folgende Verteilung:

Platz 1: Braunkohle, Platz 2: Erdgas, Platz 3: Wind, Platz 4: Steinkohle: Platz 5 Biomasse

Deutschland bezieht sein Gas hauptsächlich aus Norwegen und den USA (LNG), während die Kohle aus Australien, Kolumbien, den USA und Deutschland kommt.

Deutschland möchte bis zum Jahr 2045 klimaneutral werden, und der Umbau des Energiesystems soll noch mindestens 1.000 Milliarden Euro kosten.

In Anbetracht der wirtschaftlichen und strukturellen Probleme des Landes muss Deutschland aufpassen, nicht komplett vom Rest der Welt abgehängt zu werden.

Preisentwicklungen der Energiemärkte:

Historisch betrachtet liegen die Strom-Terminmarktpreise derzeit etwa doppelt so hoch wie üblich.

Die Strompreise im Frontjahr bewegten sich in Richtung oberer Widerstände und stiegen im November um etwa 15 %. Dunkelflaute und Sorgen um die Gaslieferungen waren hierbei treibende Faktoren. Der Spotmarkt erreichte im November in Summe mehrmonatige Höchststände, und Kunden mit flexiblen Tarifen oder einem hohen Spotmarkt-Anteil müssen mit höheren Kosten rechnen.

Die Ölpreise ließen seit der Trump-Wahl nach. Mit der verstärkten Förderung fossiler Brennstoffe in den USA sollte das weltweite Angebot steigen, wodurch die Preise unter Druck geraten könnten. Die Antwort der OPEC dürfte nicht lange auf sich warten lassen.

Die Gasspeicher in Deutschland sind noch zu 95 % gefüllt, und die CO₂-Preise zeigen einen leicht bullishen Trend.

Die nächsten drei Wochen werden spannend, bevor zum Jahresende die Liquidität nachlässt.

Strompreis für Haushaltskunden (Netto – Großhandelspreis)

 

Performance energierelevanter Rohstoffe

Sie benötigen Hilfe bei der Energiebeschaffung?

Ich helfe Ihnen gerne, ein geeignetes Beschaffungsmodell zu finden und mit Energiepreis-Analysen günstige Einkaufszeitpunkte ausfindig zu machen: Kontakt

Weiter spannende Artikel gibt es auf meinem Blog: PeakPower-Blog oder auf LinkedIn

 

 

 

 

 

 

 

 

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Beitrag teilen
Facebook
Twitter
LinkedIn
Email
Print
Vielleicht interessiert Sie auch
News

Krisen, Konflikte und Kontroversen

Krisen, Konflikte und Kontroversen Aus meinem Newsletter vom 11.12.2024 Michael Kawaletz Schaut man sich die Politiker derzeit in den Medien an, erkennt man schnell, wie sehr sie von sich selbst überzeugt sind. Statt die

Weiterlesen »
Energiekrise

Gazprom stoppt Gaslieferungen an Österreich

Gas-Preise auf Rekordhoch Der russische Energiekonzern Gazprom hat angekündigt, seine Gaslieferungen an Österreichs OMV Gas Marketing and Trading vollständig einzustellen. Diese Entscheidung sorgt nicht nur für Verunsicherung, sondern hat auch die Gaspreise auf ein

Weiterlesen »

PeakPower Blog

Der Blog rund um Energie, Rohstoffe und Börsenhandel.

Michael K