Seit genau einem Jahr tobt der Konflikt zwischen Israel und Palästina, ausgelöst durch den Angriff der Hamas am 7. Oktober 2023 dem jüdischen Feiertag Simchat Torah. Dabei kamen über 1.200 Menschen in Israel ums Leben, und 250 Personen wurden als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt. Die grausamen Bilder gingen um die Welt.
Die Grenze zwischen Israel und dem Gazastreifen zählt normalerweise zu den am besten bewachten der Welt. Warum diese zu der Zeit nicht ausreichend bewacht war, ist mir bis heute nicht schlüssig.
Israels Vergeltung
Als Antwort startete Israel eine umfassende Militäroffensive gegen den Gazastreifen. Über 40.000 Menschen haben seither ihr Leben verloren, Millionen wurden vertrieben und befinden sich auf der Flucht. Ein gewaltige humanitäre Katastrophe.
In meinem letzten Newsletter berichtete ich über diverse Tötungen von Hisbollah- und Hamas-Führern, wie zum Beispiel die Tötung des Hamas-Führers Ismail Haniyeh in Teheran.
Vor zwei Wochen am Freitag wurde der Hisbollah-Führer Hassan Nasrallah in seinem unterirdischen Hauptquartier in Beirut getötet. Nur Stunden später wurde sein Nachfolger Hassan Khalil Yassin ebenfalls getötet. Fünf Tage später kam auch der nächste Nachfolger, Hashem Safieddin, ums Leben. Das zeigt, wie gut der israelische Geheimdienst Mossad informiert ist und in welcher Frequenz er zuschlagen kann.
Was ist die Hisbollah?
Die Hisbollah ist eine seit den 1980er Jahren schiitische politische Partei und militante Organisation. Während der militante Flügel immer wieder Raketenangriffe auf Israel durchgeführt hat, steht der politische Flügel in Libanon für Stabilität und Regierungsbeteiligung.
Der Mossad, der wohl beste Geheimdienst der Welt.
Am 17. September explodierten tausende von Pagern, was 2.800 Menschen verletzte und mindestens 12 Todesopfer forderte. Die Hisbollah startete Anfang Oktober Raketenangriffe auf Nordisrael, nachdem die Hamas israelische Ziele angegriffen hatte.
Der Angriff durch die Pager, bei dem Sprengstoff über die Lieferkette in die Geräte gelangte, stellt eine neue Dimension der Kriegsführung dar. Durch die technische Raffinesse und die gezielte Anwendung gegen die Hisbollah war dieser Angriff besonders effektiv. Israel könnte dabei auf eine große Menge wertvoller Geheimdienstinformationen gestoßen sein, da die Verletzten nun leicht zu identifizieren sind.
Die Hisbollah nutzt Pager, um Kommunikationsüberwachung zu vermeiden, da diese Technologie im Vergleich zu Mobiltelefonen weniger leicht zu verfolgen ist. Dennoch gelang es Israel, diese Schwachstelle auszunutzen.
Der Iran greift mit Raketen an
Der Iran hat letzte Woche eine groß angelegte Angriffswelle gegen Israel gestartet, bei der über 180 ballistische Raketen abgefeuert wurden. Der Angriff folgte auf israelische Bodenoffensiven im Libanon. Die Angriffe des Iran zielten auf mehrere militärische und zivile Standorte in Israel, darunter wichtige Luftwaffenbasen.
Bei früheren Angriffen des Iran wurden Drohnen eingesetzt, die leicht abgeschossen werden konnten und vermutlich eher als Alibi-Angriffe zu deuten waren. Der Iran stand nach den Erfolgen Israels gegen die Hamas und die Hisbollah unter Zugzwang, um sein Gesicht im arabischen Raum nicht zu verlieren.
„Iron-Dome“ verhindert viele Tote
Die Welt und die Medien fürchten nun zu Recht neue Vergeltungsmaßnahmen. Die Gewaltspirale wird wohl nicht aufhören.
Auswirkungen auf die Öl- und Gaspreise
Kharg-Insel im Iran als Angriffsziel?
Etwa 90 % der Ölexporte des Irans laufen über die Kharg-Insel im Persischen Golfund sind somit ein potenzielles Ziel für mögliche Angriffe.
Satellitenbilder zeigen, dass bereits etliche Öltanker aus Furcht vor Angriffen von der Insel abgezogen wurden. Das bedeutet, dass bereits Druck auf den Ölpreis besteht, da derzeit keine Betankungen stattfinden.
Sollte die iranische Öl-Infrastruktur angegriffen werden, würde das die Ölpreise signifikant steigen lassen – und das kurz vor der Wahl in den USA. Zudem würden Putins Einnahmen steigen, zwei Entwicklungen, die die Biden-Regierung nicht gebrauchen kann. Außerdem würde es den Rest des Nahen Ostens vermutlich gegen sich aufbringen, da niemand möchte, dass das wichtigste Exportgut der Region angegriffen wird.
Das Letzte, was Israel will, ist, seine Freunde und neutralen Parteien im Konflikt zu verärgern, indem es Irans Exportanlagen angreift. Israel könnte stattdessen lokale Raffinerien ins Visier nehmen, um dem Regime und seiner Wirtschaft Schaden zuzufügen. Auch iranische Nuklearanlagen sind als mögliche Ziele im Gespräch.
Bild: Naher Osten / Iran – Kharg Insel / Öl Felder und Raffinerien
Quelle: 2011 Encyclopædia Britannica, Inc. / Dr. Anas Alhajji
USA und die Iran-Öl-Sanktionen
Die USA unter der Biden-Regierung haben in den letzten drei Jahren zugelassen, dass der Iran die Sanktionen auf den Ölexport umgeht. Das zeigen eindeutig die Exportzahlen. Die offiziell gemeldeten Zahlen sind zu niedrig, um das Ausmaß der Verstöße zu verschleiern.
Irans Öl-Exporte: Seit der Trump-Regierung gelten Sanktionen auf iranische Ölexporte. Unter der Biden-Regierung exportiert der Iran jedoch kontinuierlich mehr Öl.
Quelle: Dr. Anas Alhajji / Energy Outlook Advisors
Iran-Verhandlungen, Ukraine-Krieg und die Inflation
Biden wird dafür kritisiert, dass der Iran dadurch mehr Geld zur Finanzierung der Terrorgruppen Hamas und Hisbollah zur Verfügung hat.
Andererseits ist der Grund, warum dies toleriert wird, dass man den Iran am Verhandlungstisch für Gespräche halten möchte. Zusätzlich kam es zum Angriff Russlands auf die Ukraine, was eine weltweite Energiekrise zur Folge hatte. In diesem Kontext waren die zusätzlichen iranischen Ölexporte hilfreich für die Rohstoffpreise und die Bekämpfung der Inflation. Für die Biden-Regierung ist die Inflationsbekämpfung entscheidend für die Wiederwahl der Demokraten.
Strategische Ölreserven als Wahlhilfe
Biden hat in den letzten Jahren zudem die strategischen Ölreserven der USA „missbraucht“, um Politik zu machen. Es waren die größten Entnahmen aus den Ölreserven der USA in den letzten Jahrzehnten.
Die Strategic Petroleum Reserve (SPR) der USA dient dazu, in Krisenzeiten als Notfallvorrat die nationale Ölversorgung zu sichern und Preisschocks durch plötzliche Angebotsausfälle zu mildern. In diesem Fall wurden sie jedoch zur Abfederung der Inflation genutzt. Inflation und der Preis an der Tankstelle sind für die Amerikaner ein großes politisches Thema.
Bild: US Ölreserven
Quelle: www.eia.gov
Die Ärmsten trifft es zuerst.
Jede Erhöhung der Ölpreise trifft die Ärmsten als erstes. Ärmere Länder sind massiv auf fossile Brennstoffe angewiesen. Ich erinnere daran, dass Europa nach dem Angriff auf die Ukraine auf dem Weltmarkt massiv Flüssiggas (LNG) eingekauft hatte und die Preise dadurch um das Zehnfache anstiegen.
Während man in Europa die Unabhängigkeit von Putin feierte, hatten Millionen von Menschen keinen Strom mehr. In Ländern wie Pakistan mussten Millionen von Menschen bis zu 14 Stunden am Tag ohne Strom auskommen. Bangladesch und Sri Lanka wurden ebenfalls hart getroffen, da sie die hohen Preise nicht mehr zahlen konnten. Auch andere Teile Asiens gehörten zu den großen Verlierern von Europas LNG-Kaufrausch.
Potenzieller Ölpreisanstieg bei einem Angriff auf die Ölinfrastruktur
Sollten die Exportanlagen angegriffen werden, könnte der Ölpreis um weitere 8 Dollar steigen – zumindest, wenn man den letzten Angriff der Huthi am 14.09.2019 auf die Abqaiq- und Khurais-Ölanlagen in Saudi-Arabien (Saudi-Aramco) als Referenz nimmt.
Quelle: TradingView / Michael Kawaletz / WTI-Öl Future
OPEC+ als Helfer gegen steigende Preise?
OPEC+ verfügt jedoch über eine Reservekapazität von 5,8 Millionen Barrel pro Tag (bpd), die den möglichen Ausfall von Irans 1,7 Millionen bpd kompensieren könnte. OPEC+ plant zudem, die freiwilligen Produktionskürzungen von 2,2 Millionen bpd bis Dezember schrittweise zurückzunehmen. Trotz steigender Preise bleibt die Nachfrage schwach, insbesondere in China, wo der Ölverbrauch im Jahresvergleich um 3 % gesunken ist. Ein größerer Produktionsanstieg in den USA ist unwahrscheinlich, da die Kapazitätsgrenzen bereits erreicht sind. Bei den zuletzt gesunkenen Preisen haben China, Japan und die USA ihre strategischen Reserven wieder aufgefüllt.
Die Gefahr bleibt bestehen
Jederzeit könnte es zu neuen Eskalationen kommen, sowohl im Nahen Osten als auch in der Ukraine. Das zeigt, dass das Risiko bei Rohstoffen immer nach oben besteht. Umso wichtiger ist es, alles zu tun, um die Unabhängigkeit von fossilen Rohstoffen zu erreichen und jede verfügbare Technologie dafür zu nutzen.
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