Deutschland

China geht Probleme an – Deutschland ignoriert sie

China mit größter Finanzspritze seit 2008

Im letzten Newsletter berichtete ich über die Schwäche Chinas und wie stark die deutsche Wirtschaft von China abhängig ist.

In den letzten Tagen hat China eine Reihe großer Konjunkturmaßnahmen ergriffen, um der schwächelnden Wirtschaft neues Leben einzuhauchen. Die People’s Bank of China (PBoC) senkte die Repo-Rate (Reverse-Repurchase-Rate) von 1,70 % auf 1,50 % und verringerte die Mindestreserveanforderung für große Banken von 10 % auf 9,5 %. Diese Schritte sollen die Liquidität im Finanzsystem erhöhen und die Kreditvergabe ankurbeln. Zusätzlich plant die Regierung die Ausgabe von Staatsanleihen im Wert von 2 Billionen Yuan.

Parallel dazu hat China weitere Maßnahmen zur Unterstützung des Immobilienmarktes umgesetzt, darunter die Reduzierung von Hypothekenzinsen und Mindestanzahlungen für Immobilienkäufe. Auch für den Aktienmarkt wurden satte 800 Milliarden Yuan zur Stabilisierung bereitgestellt. Die Aktienmärkte reagierten daraufhin mit massiven Anstiegen, und auch der DAX erreichte neue Höchststände.

China plant, bis zu 1 Billion Yuan in seine größten Staatsbanken zu investieren, um deren Fähigkeit zu stärken, die Wirtschaft zu stützen. Sogar direkte finanzielle Hilfen für benachteiligte Gruppen, wie arme Familien und Waisen, werden verteilt – ein klares Zeichen dafür, dass die Regierung sowohl auf breiter Ebene als auch gezielt gegen die wirtschaftliche Flaute vorgeht.

China geht Probleme an – Deutschland blendet sie aus

Während China aktiv versucht, seine Probleme zu lösen, tritt Deutschland weiterhin auf der Stelle. Die Zukunftsaussichten für Deutschland sind so schlecht wie lange nicht mehr.

Das bestätigte kürzlich auch der berühmte Hedgefonds-Manager Ray Dalio.

Seit 2021 veröffentlicht Dalio (Bridgewater Associates) Berichte über globale Machtverschiebungen, die durch geopolitische und wirtschaftliche Trends beeinflusst werden. Er prognostiziert, dass fortgeschrittene Volkswirtschaften aufgrund hoher Schulden ein langsameres Wachstum erleben werden, während Schwellenländer durch steigende Produktivität das stärkste Wachstum verzeichnen dürften.

Deutschland wird hier mit einem negativen Wachstum von 0,5 % für die nächsten 10 Jahre zusammen mit Italien auf dem letzten Platz gesehen. Auch im OECD-Wirtschaftsausblick für 2025 landet Deutschland auf dem letzten Platz.

Bild: Ray Dalio / Geschätztes BIP-Wachstum der nächsten 10 Jahre

Quelle: Ray Dalio / www.visualcapitalist.com

Bild: OECD-Wachstumsraten 2024 / 2025

Quelle: www.oecd.org

Aber – alles halb so wild?

Marcel Fratzscher, Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), befürwortet jedoch die Deindustrialisierung Deutschlands als notwendigen Prozess zur Modernisierung der Wirtschaft. Seiner Ansicht nach werden energieintensive Industrien im Zuge der Energiewende verschwinden, was Raum für Innovation schafft und hochqualifizierte Arbeitskräfte in Deutschland hält.

Seine Logik kann ich jedoch nicht nachvollziehen, da sie impliziert, dass die Energiepreise in Deutschland sehr hoch bleiben werden. Somit wird der Standort Deutschland für Unternehmen, die auf geringe Energiekosten angewiesen sind, unattraktiv. Welchen „Raum für Innovationen“ das schaffen soll, ist mir unklar.

Schauen wir uns ein paar Beispiele an:

Batterieproduktion ist energieintensiv

Die Produktion von Batterien für Elektrofahrzeuge ist eine sehr energieintensive Industrie, die in Deutschland aufgrund der hohen Energiepreise nicht wettbewerbsfähig sein wird. Ab 2025 müssen Unternehmen in der EU den CO₂-Ausstoß ihrer Batterieproduktion offenlegen, basierend auf dem nationalen Strommix. Da der deutsche Strommix zu einem großen Teil aus fossilen Energien besteht, wird die Produktion in Deutschland als besonders umweltschädlichangesehen. Dies könnte dazu führen, dass Batteriefabriken aus Deutschland abwandern, da sie anderswo effizienter und mit einem geringeren CO₂-Fußabdruck produzieren könnten.

Rechenzentren

Goldman Sachs prognostiziert einen dramatischen Anstieg des Stromverbrauchs von Rechenzentren, vor allem durch die zunehmende Nutzung von Künstlicher Intelligenz (KI). Bis 2030 soll der Strombedarf der Rechenzentren um 160 % steigen, wodurch sie bis zu 4 % des globalen Energieverbrauchs ausmachen könnten. Aktuell liegt dieser Wert bei etwa 1–2 %. Eine Abfrage über eine Künstliche Intelligenz (KI), wie etwa ChatGPT, verbraucht etwa das Zehnfache an Energie im Vergleich zu einer herkömmlichen Google-Suche.

Quelle: Goldman-Sachs / iea.org

Silicon Valley goes Nuclear

Rechenzentren benötigen eine durchgehende und sichere Energieversorgung rund um die Uhr. Ich berichtete bereits über Amazon und den Erwerb eines Rechenzentrums an einem Atomkraftwerk in Pennsylvania.

Unglückskraftwerk wird reaktiviert

Microsoft plant nun, Teile des stillgelegten Atomkraftwerks Three Mile Island in den USA wieder in Betrieb zu nehmen, um CO₂-freien und günstigen Strom für seine Rechenzentren zu nutzen. Dafür haben sie einen 20-Jahres-Vertrag mit Constellation Energy abgeschlossen.

Besonders brisant ist der Name des Kraftwerks: Auf Three Mile Island ereignete sich am 28. März 1979 in einem Kernkraftwerk in Pennsylvania ein Unfall, bei dem es zu einer teilweisen Kernschmelze im Reaktor 2 kam. Obwohl radioaktive Gase freigesetzt wurden, bestand keine Gefahr für die Bevölkerung. Three Mile Island bleibt dennoch der schwerste Unfall in der Geschichte der Kernkraftwerke in den USA.

Auch der CEO von Google sucht mittlerweile nach Rechenzentren, die mit Atomstrom betrieben werden.

Zurück zu Marcel Fratzscher:

Fratzscher sieht die Verlagerung dieser Industrien in Länder mit günstigeren Bedingungen nicht als Problem, sondern als Chance für eine dynamische und innovative Wirtschaftsentwicklung in Deutschland. Er argumentiert, dass diese Transformation unvermeidlich sei.

Auch hier kann ich nicht nachvollziehen, wie man auf solche Ideen kommen kann.

Verlagert sich die Industrie ins außereuropäische Ausland, spricht man von „Carbon Leakage“ (Emissionsverlagerung). In Ländern außerhalb der EU gibt es nicht so strenge Umweltauflagen, sodass Produkte, die zuvor „sauber“ in Europa produziert wurden, nun mit weniger Umweltauflagen und weniger sauberer Energie hergestellt werden. Ganz zu schweigen von den Arbeitsbedingungen.

Welche Branchen seiner Meinung nach dann für das Wirtschaftswachstum verantwortlich sein sollen, lässt er offen.

Deutschland ist ein Industrieland und hat – abgesehen von SAP – keine nennenswerten Unternehmen in der Tech-Branche. Die Deindustrialisierung Deutschlands schreitet voran, und das kann nicht im Interesse eines Landes sein, das massiv vom Export abhängig ist.

Fratzscher bezeichnete 2022 die Deindustrialisierung als übertriebenes Schreckgespenst, das nur dazu diene, Druck auf die Politik auszuüben. Auch die Inflation sah er lange nicht als Gefahr an, obwohl die Inflationsraten schon frühzeitig anderes vermuten ließen.

Vielleicht ist ein strukturelles Problem Deutschlands – seine Experten.

 

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